Die Eingewöhnungsmodelle im Überblick

Eingewöhnungen werden seit den 80er Jahren nach Modellen durchgeführt, die sich auf die beschriebenen Forschungen beziehen. Das Berliner Eingewöhnungsmodell war das erste Modell und damals eine echte Revolution. Denn bis dato wurden Kinder nicht nach bestimmten Vorgaben, sondern nur nach Bauchgefühl eingewöhnt. Es folgte das Münchener Modell, welches eine längere Eingewöhnung vorsah. Aktuell werden das Peergroup Eingewöhnungsmodell und das partizipatorische Eingewöhnungsmodell diskutiert und in Kitas implementiert. Heute ist es die Pflicht einer jeden Krippe und Kindertagesstätte, ein Eigewöhnungskonzept vorzulegen – welche Errungenschaft! Es steht schwarz auf weiß, dass kein Kind mehr einfach so unter Weinen am ersten Tag der außerfamiliären Betreuung abgegeben werden darf.

Um einen Überblick über bestehende Eingewöhnungskonzepte zu erhalten, sollen an dieser Stelle alle bekannten Eingewöhnungsmodelle in Kürze vorgestellt werden. 

Es wird schwierig,
wenn Eingewöhnungsmodelle
zu starr angewandt
und insbesondere,
wenn sie falsch verstanden
werden.

Wedewardt 2023, S. 40

Das Berliner Eingewöhnungsmodell

Das Berliner Eingewöhnungsmodell (vgl. Laewen u.a., 2009) wurde in den 80er Jahren von Hans Joachim Laewen, Beate Andres und Éva Hédervári-Heller entwickelt. Ihm ist es unter anderem zu verdanken, dass bis heute jede Einrichtung ein Konzept zur Eingewöhnung vorlegen muss. 

Das Modell ist gut erforscht und in seiner Struktur leicht verstehbar. Studien an der Freien Universität Berlin zeigten deutlich positive Effekte des Berliner Eingewöhnungsmodells zum Eingewöhnungsvorgehen vor dem Modell. Nach dem Berliner Eingewöhnungsmodell eingewöhnte Kinder wiesen beispielsweise insgesamt ein größeres Wohlbefinden und weniger Kranksein auf .

Theoretische Grundlage 

Die theoretische Grundlage des Berliner Eingewöhnungsmodells bildet die Bindungstheorie nach John Bowlby. So ist erstmals vorgesehen, dass in der Eingewöhnung eine begleitende, bekannte Bindungsperson mit in der Eingewöhnung bleibt und so als sichere Basis für das Kind zur Verfügung steht, bis das Kind eine neue Bindung zur Bezugsfachkraft aufgebaut hat. Im Berliner Eingewöhnungsmodell steht also der Beziehungsaufbau einer pädagogischen Fachkraft zu einem Kind im Fokus. Das feinfühlige Erspüren, Verstehen und Beantworten von Bedürfnissen des Kindes durch die pädagogische Fachkraft bildet das Fundament für den Beziehungsaufbau. Sobald das Kind die pädagogische Fachkraft als sichere Basis akzeptiert, kann sich die begleitende Person schrittweise zurückziehen. 

Die drei klassischen Bindungsmuster „sicher“, „unsicher-ambivalent“ und „unsicher vermeidend“ können im Berliner Eingewöhnungsmodell als Hilfestellung genutzt werden, um die Eingewöhnungsdauer einzuschätzen und das fachliche Vorgehen  anzupassen (vgl. Laewen u.a. 2009, S. 27ff.). 

Der Ablauf

Die Dauer einer Eingewöhnung nach dem Berliner Eingewöhnungsmodell soll 6 bis 14 Tage benötigen, im  Einzelfall auch bis zu drei Wochen. Es wird deutlich gemacht, dass jedes Kind in seinem eigenen Tempo eingewöhnt werden und über seine Eingewöhnung mitbestimmen soll. Bindungserfahrungen, kindliche Temperamente und Vorerfahrungen des Kindes sollen in Trennungssituationen berücksichtigt werden.

Im Berliner Eingewöhnungsmodell wird ein detaillierter Ablaufplan beschrieben. Die Schritte der Eingewöhnung im Berliner Eingewöhnungsmodell sind folgende (vgl. Dreyer 2017, S 83):

1. Vorbereitungsphase: Persönliches Kennenlernen und rechtzeitig Informationen über die erwartete Beteiligung der Eltern am Eingewöhnungsprozess sowie dessen Gestaltung 

2. Grundphase: 3 Tage: Die Bindungsperson bleibt mit dem Kind ca. 1 bis 2 Stunden in der Kita. Sie soll sich eher passiv verhalten und an einem Ort den “sicheren Hafen” für das Kind bilden. Es findet eine vorsichtige Kontaktaufnahme der pädagogische Fachkraft zum Kind statt, zum Beispiel in Form eines Spielangebots.

3. Erster Trennungsversuch am 3. Tag. Die erste Trennung wird am dritten Tag durchgeführt. Die gezeigte Reaktion des Kindes entscheidet folglich über die Dauer der Eingewöhnungszeit. Lässt sich das Kind nach kurzer Zeit von der PF beruhigen, kann die Trennungsdauer auf 30 Minuten ausgedehnt werden. Die Länge der Eingewöhnung soll nun ca. 6 Tage dauern. Lässt sich das Kind nach kurzer Zeit nicht oder nur schwer von der pädagogische Fachkraft beruhigen, wirkt es verstört, zeigt eine erstarrte Körperhaltung oder wirkt passiv, wird die Trennung abgebrochen und eine längere Eingewöhnung von ca. 2 bis 3 Woche eingeplant. 

4. Stabilisierungsphase: Bei einer kurzen Eingewöhnung übernimmt die pädagogische Fachkraft im Beisein der Bindungsperson die Pflege-, Wickel- und Fütteraufgaben. Die Trennungsdauer wird auf ca. 1 Stunde ausgedehnt. Auch das Schlafen soll nun versucht werden. Es wird empfohlen, dass das Schlafenlegen und Aufwachen im Beisein der Bindungsperson geschieht. Ab dem 6. Tag ist der vollständige Aufenthalt des Kindes ohne Bindungsperson vorgesehen. 

5 Schlussphase: Im Plan wird angegeben, dass die Bindungsperson nach der 2. Woche nicht mehr in der Einrichtung, aber jederzeit erreichbar sein soll.

Das Münchener Eingewöhnungsmodell

Das Münchener Eingewöhnungsmodell (vgl. Winner & Erndt-Doll, 2009) wurde auf der Grundlage eines Forschungsprojekt unter der Leitung von Prof. Dr. Kuno Beller, zwischen 1987 und 1991, in München entwickelt. Als theoretische Zugänge wurden hier nicht die Bindungstheorie, sondern die Transitionsforschung, die Säuglingsforschung und die Erfahrungen aus der Reggiopädagogik herangezogen.

Im Gegensatz zum Berliner Eingewöhnungsmodell, das in Anlehnung an die Bindungstheorie Kinder eher noch als hilflose Wesen sah, fußte das Münchener Eingewöhnungsmodell auf dem Bild eines kompetenten Kindes, das seine Entwicklung selbst steuern kann. Das Konzept der Transition beschreibt Kinder also als fähige Wesen, die Übergängen nicht hilflos ausgesetzt sind, sondern diese mit der Unterstützung von außen aus eigener Kraft bewältigen und aktiv mitgestalten können. Ihnen wird die Kompetenz zugesprochen, für sich selbst sorgen zu können und zu zeigen, welche Unterstützung sie bei der Bewältigung benötigen. Ziel ist es, dass das Kind gestärkt aus der Übergangserfahrung hervorgeht.

Die Transitionstheorie geht davon aus, dass Kinder ihre Erfahrungen mit Übergängen, also auch die mit der Eingewöhnung, auf folgende andere Übergänge in ihrem Leben übertragen. Gerade weil die Eingewöhnung in eine Krippe oder Kindertagespflege für die meisten Kinder der erste große Übergang in ihrem Leben darstellt, kommt diesem Übergang eine große Bedeutung zu.

Um eine positive Erfahrungen ermöglichen zu können, benötigt ein Kind, der Transitionstheorie zufolge, Unterstützung von außen. Die begleitenden Personen, Kind, Eltern, pädagogische Fachkraft aber auch der Kindergruppe spielen im Münchener Modell eine wichtige Rolle. Anders als im Berliner Eingewöhnungsmodell ist ein systemischer Blick relevant, der das soziale Netz der Eltern, deren familiäre Voraussetzungen und auch das gesamte Team der Einrichtung mit einbezieht (vgl. Griebel & Niesel, 2004). Das Wohlbefinden des einzugewöhnen Kindes wird folglich auch im Kontext der Kindergruppe gesehen. Es steht nicht ausschließlich die einzelne PF in Beziehung zum Kind im Vordergrund, sondern das gesamte Setting. Die Eingewöhnung findet also im Alltag der Betreuungseinrichtung statt und nicht separiert. Im Gegensatz zum Berliner Eingewöhnungsmodell ist ein Wechsel der Bezugspersonen während der Eingewöhnung möglich. Es wird davon ausgegangen, dass das Kind zu mehreren Personen Bindungen aufbauen kann. So erhält das Kind die Möglichkeit, seine Bezugsfachkraft selbst zu wählen.

Ziel des Münchner Eingewöhnungsmodells ist die positive Erfahrung des Kindes, einen Übergang bewältigen zu können und diese Erfahrung auf kommende Übergänge übertragen zu können.

Der Ablauf

  1. Vorbereitungsphase 
  2. Kennenlernphase 
  3. Sicherheitsphase 
  4. Vertrauensphase
  5. Phase der gemeinsamen Auswertung und Reflektion 

Nach allen organisatorischen und vorzubereitenden Maßnahmen und einem ersten Kennenlerngespräch in der Vorbereitungsphase, startet die Kennenlernphase, die sich im Wesentlichen vom Berliner Eingewöhnungsmodell unterscheidet. Eltern und Kind verbringen täglich 2 Stunden bis zu einem halben Tag in der Einrichtung und können selbstbestimmt alles kennenlernen. Es wird ausdrücklich betont, dass viel Zeit in der Einrichtung wichtig sei, um die Eingewöhnung voranzubringen. Nur kurze Besuche von etwa 1 Stunde würden die Eingewöhnung eher hemmen (vgl. Winner & Erndt-Doll 2009, S. 52). Eltern haben die Möglichkeit, sich frei zu bewegen und sich nicht still und unbeteiligt an einen Ort zu setzen. Der Fokus liegt eher auf dem Erfahren und Verinnerlichen von räumlichen und strukturellen Gegebenheiten als auf der individuellen Beziehungsentwicklung zu einer pädagogischen Fachkraft als Basis. Es geht darum, Sicherheit zu gewinnen über das Kennenlernen der anwesenden Personen, Räume, Strukturen und Abläufe. Während der Kennenlernphase hält sich die pädagogische Fachkraft zurück und die Hauptverantwortung liegt noch bei der begleitenden Bezugsperson. Die Kennenlernphase umfasst ca. 1 Woche.

In der Sicherheitsphase soll das Kind mit der Begleitperson bereits die Zeit in der Einrichtung bleiben, die es anschließend dort verbringen soll. Die Idee ist, dass das Kind so den gesamten strukturellen Ablauf verinnerlicht und auf diese Weise Sicherheit erfährt. Ziel ist es nun, dass sowohl das Kind als auch die Eltern so viel Sicherheit gewinnen, dass sie sich voneinander trennen können. Die begleitende Fachkraft nutzt die Beobachtungen und Erfahrungen aus der Anfangsphase, um das Kind nun passend zu begleiten – zu wissen, was ihm Sicherheit gibt, welche Interessen es hat und was ihm gut tut. Die begleitende pädagogische Fachkraft übernimmt nun mehr Betreuungsaufgaben und nähert sich dem Kind weiter an. Die Begleitperson bleibt jedoch weiterhin mit in der Einrichtung und der sichere Hafen. Die pädagogische Fachkraft versucht nach und nach eine verlässliche Beziehung zum Kind herzustellen, hegt aber nicht den Anspruch des Berliner Eingewöhnungsmodells, eine Bindung aufbauen zu müssen. Der zeitliche Rahmen für die Sicherheitsphase soll 6 Tage betragen: von Montag bis Montag. Mit dem Montag soll nach dem Wochenende keine neue Phase eingeläutet werden: So bekommt das Kind am Anfang der Woche die Chance, mit dem bereits bekannten Vorgehen erstmal wieder anzukommen.

In der Phase “Vertrauen aufbauen” liegt der Fokus darauf, dass das Kind sowohl zu den pädagogischen Fachkräften, zu den Kindern und in die Institution Vertrauen aufbaut. Ein erster Trennungsversuch sollte erst am 6. Tag erfolgen. Ein besonderes Augenmerk soll auf das Verhalten des Kindes vor und nach der Trennung gelegt werden. Kontinuierlich tauschen sich die pädagogischen Fachkräfte und Eltern über die Reaktionen und das Verhalten des Kindes aus. Empfohlen wird, die erste Trennung nicht zu lange zu machen. Die Begleitperson sollte zurückkehren, ehe das Kind ängstlich wird. Zeigt das Kind keine Trennungsängste, beträgt die Trennungszeit ca. 30 bis 60 Minuten. Je nachdem, wie gut sich das Kind beruhigen lässt, kann die Zeit in den Folgetagen ausgedehnt werden.

Zum Abschluss wird der Eingewöhnungsprozess in der Phase “Eingewöhnung auswerten” mit allen Beteiligten in einem Gespräch reflektiert. Dazu wird ein Interviewleitfaden empfohlen mit Reflexionsfragen (vgl. Winner & Erndt-Doll 2009, S.86)

Einrichtungen, die nach dem Münchener Modell eingewöhnen, nehmen sich durchschnittlich insgesamt mehr Zeit für die Eingewöhnung als Einrichtungen, die sich am Berliner Modell orientieren. Die angestrebte Dauer der Eingewöhnung nach dem Münchener Modell beträgt 12 plus 3 Tage, 12 Tage “Kennelernen” und “Sicherheit gewinnen” und 3 Tage “Vertrauen aufbauen”. Wichtiger als die Anzahl der Tage sei jedoch die Anzahl der Stunden, die das Kind in der Eingewöhnung in der Einrichtung verbringt. Kurze Besuche würden dem Münchner Modell zufolge dem Kind nicht helfen, in der Einrichtung anzukommen. 

Das Tübinger Modell – Eingewöhnung in der Peergroup

Seit 2010 wird die Eingewöhnung in der Peergroup (vgl. Fink 2022; Cantzler 2022) immer bekannter. Das sogenannte Tübinger Modell nutzt die theoretischen Grundlagen der Bindungs- und Transitionsforschung sowie der Forschung über Peerbeziehungen. Die Aufmerksamkeit liegt anders als im Berliner oder Münchner Eingewöhnungsmodell auf dem Kennenlernen der Kinder untereinander.

Bei der Eingewöhnung in der Peergroup wird die Eingewöhnun nicht auf ein Kind bezogen, sondern auf eine Kindergruppe von ca. 3 bis 5 Kindern konzentriert. Auch wenn es sich um eine Gruppe von Kindern handelt, die eingewöhnt wird, hat immer das Bedürfnis des einzelnen Kindes Vorrang vor dem der Kindergruppe. 

Bereits in der Vorbereitung werden mehrere Kinder mit ihren Begleitpersonen für die Eingewöhnung eingeplant. Der Beziehungsaufbau zu den Fachkräften nimmt einen wichtigen Stellenwert ein. Auf der Grundlage sich entwickelnder Beziehungen zu den pädagogischen Fachkräften, wird der Fokus jedoch darauf gelenkt, Kinder und Eltern jeweils untereinander bekannt zu machen.  

Weil es sich um mehrere Kinder und ihre Familien handelt, die die Eingewöhnung besuchen, sollen auch immer mindestens zwei Fachkräfte als Tandem für die Eingewöhnung zuständig sein. Das bringt mehrere Vorteile mit sich: Erstens die Arbeitslast kann verteilt werden, zweitens die Kinder und Eltern können sich die pädagogische Fachkraft als Bezugsperson auswählen, die ihnen sympathischer ist, drittens können die beiden Fachkräften den Eingewöhnungsprozess gemeinsam reflektieren sowie das weitere Vorgehen absprechen und die Eingewöhnung muss nicht unterbrochen werden, wenn eine der beiden Fachkräften vorübergehend krank wird.

Für die Gestaltung der Peergroup-Eingewöhnung ist eine gute Planung, Zusammenarbeit und Transparenz von großer Wichtigkeit. Das Konzept der Eingewöhnung in der Peer sollte vom gesamten Team mitgetragen werden, da es gegenüber dem Berliner oder Münchener Modell vorübergehend personelle, räumliche und strukturelle Veränderungen bedeutet.

Der Vorteil des Tübinger Modell ist, dass durch die gemeinsame Eingewöhnung sowohl Kinder als auch Eltern “Gleichgesinnte” treffen, mit denen sie ihr Erleben teilen können. Das schafft Vertrauen und Wohlbefinden. Nicht nur für die Kinder ist der Übergang in die außerfamiliäre Betreuung emotional aufwühlend, sondern auch für die Begleitperson. Die Ablösung der Kinder von ihren Bezugspersonen gelänge ebenso einfacher, wenn Kinder sich in der Gegenwart von ihnen bekannten Gleichaltrigen befänden (vgl. Cantzler 2022, S. 23). 

Der Ablauf

Die Eingewöhnungsgruppe startet in einem separaten Raum und lernt sich erstmal untereinander kennen. Nach ca. 1 bis 2 Wochen wird die Tür zum Alltagsgeschehen geöffnet. Ab der 3. Woche soll die Gruppe in das Alltagsgeschehen integriert werden. Der separate Raum steht den Kindern jedoch für eine Übrgngszeit jederzeit als Rückzugsort zur Verfügung.

“Die erste Eingewöhnungsphase gilt als abgeschlossen, wenn alle Kinder der Peer sich von ihren Bezugspersonen lösen konnten und zu einer oder beiden Eingewöhnungsfachkräften eine Beziehung aufgebaut haben. Endgültig ‚eingewöhnt‘ sind die Kinder erst, wenn sie mit den Räumen, dem Tagesablauf und den Ritualen der Gesamtgruppe vertraut sind und in den von Seiten der Familie ‚gebuchten‘ Betreuungszeiten – inklusive darin vorgesehener Schlüssel situationen, wie z.B. dem Mittagessen und dem Schlafen – angekommen sind.” (Fink 2022, S. 9f.). Grundsätzlich gilt: Die Kinder bestimmen ihre Trennungsschritte und werden aktiv in den Prozess einbezogen.

Die Gefahr des Peergroup-Eingewöhnungsmodell ist, dass es genutzt werden kann, um Eingewöhnungen effektiver “über die Bühne zu bringen” und dabei die tatsächlichen Bedürfnisse der Einzelnen aus dem Blick geraten. Deshalb betont Heike Fink: “Das Modell zielt in keiner Weise auf eine pragmatische, gleichzeitige und somit schnellere Eingewöhnung mehrerer Kinder ab, wie es aktuell teilweise von Trägerseite durch den verstärkten Krippenausbau oder auch pandemiebedingt favorisiert wird” (2022, S.10). Das Tübinger Modell sollte also “nicht als effizientes Kosten-Nutzen-Modell missverstanden werden” (Cantzler 2022, S. 117).

Eine Schwierigkeit
von Eingewöhnungsmodellen
besteht darin,
dass eine bestimmte Ausrichtung
nicht für alle Kinder
und Eltern anwendbar ist.

Wedewardt 2023, S. 41

Das Partizipatorische Eingewöhnungsmodell

Das Partizipatorische Eingewöhnungsmodell wurde von Prof. Dr. Marjan Alemzadeh entwickelt. Es möchte die Bedürfnisse aller Beteiligten während der Transition in den Blick nehmen. Dabei handelt sich um ein bindungsorientiertes Eingewöhnungsmodell, das die Signale von Kindern und Eltern ernst nimmt und als Grundlage für weitere Planungsschritte nutzt (vgl. Alemzadeh, 2023). Es ist Teil einer Partizipatorischen Didaktik, in der das Kind als aktiver Gestalter seiner Entwicklung und Lebenswelt gesehen wird (Schäfer & Alemzadeh, 2012). Dabei versteht sich das Partizipatorische Eingewöhnungsmodell als ein interdisziplinärer Ansatz. Es berücksichtigt aktuelle wissenschaftliche Ergebnisse aus der Pädagogik der frühen Kindheit, aus der Bindungstheorie, der Transitionsforschung, der prä-, peri- und postnatalen Psychologie sowie Erkenntnisse aus der Trauma-Pädagogik (vgl. Alemzadeh, 2023).

Ähnlich wie beim Münchner Eingewöhnungsmodell gibt es eine lange Ankommensphase. Darin lernen Begleitperson und Kind gemeinsam die Einrichtung kennen. Ein Schwerpunkt liegt in dieser Phase für die pädagogische Fachkraft auf der wahrnehmenden Beobachtung, die ermöglicht, dass das Kind und seine Begleitperson mit ihren Signalen wahrgenommen werden können. Auf der Grundlage der Beobachtungen kann die pädagogische Fachkraft passend und responsiv auf diese Signale eingehen und die Erkenntnisse im weiteren Eingewöhnungsprozess situationsadäquat einsetzen. Die individuellen Bedürfnisse der Kinder sind der Ausgangspunkt für das pädagogische Handeln im Eingewöhnungsprozess. Sowohl Kinder als auch Eltern werden partizipativ in den Prozess ihrer Eingewöhnung eingebunden. Damit die Eingewöhnung so natürlich wie möglich stattfindet, nimmt die Begleitperson eine aktive Rolle ein, ähnlich wie bei einer ersten Trennungserfahrung im familiären Umfeld. Es gibt keinen festen Zeitplan, vielmehr wird darauf geachtet, ob Begleitperson und Kind Merkmale zeigen, die darauf schließen lassen, dass die beiden bereit für eine erste Trennung sind. In den ersten zwei Wochen wird keine Trennung empfohlen, da das Kind und seine Begleitperson meist gute 14 Tage für den Beziehungsaufbau zu der pädagogischen Bezugsfachkraft benötigen. 

Der Ablauf (vgl. Alemzadeh 2021a, S. 39)

  1. Phase: Informieren

Die Eingewöhnung wird vorbereitet: erste Gespräche zwischen Eltern und der Leitung; Eltern können hospitieren. In einem ausführlichen Anamnese-Gespräch werden Erfahrungen mit Geburt und Trennung erfragt.

  1. Phase: Ankommen in der Einrichtung

Kind und Eltern bekommen Zeit, um sich mit dem Ort vertraut zu machen; gegenseitiges Vertrauen wird gefördert. Die Eltern dürfen sich in der Einrichtung frei bewegen und am gesamten Kita-Alltag teilhaben.

  1. Phase: In Kontakt gehen

Die pädagogische Fachkraft nutzt ihre Beobachtungen für passgenaue Spielangebote, so dass das Kind sich mit seinen Bedürfnissen wahrgenommen und gesehen fühlt.

  1. Phase: Beziehungen aufbauen

Wenn die pädagogische Fachkraft spürt, dass das Kind gerne mit ihr in Kontakt geht und auf die Spielangebote eingeht, ohne sich dabei immer bei den Eltern abzusichern, beginnt der Beziehungsaufbau. Die pädagogische Fachkraft übernimmt nun auch nach und nach Pflegetätigkeiten, wie dem Kind etwas zu essen oder trinken anzubieten, mit dem Kind Hände waschen zu gehen oder es auch mal auf den Arm zu nehmen, wenn das Kind dies möchte.

  1. Phase: Sich in der Einrichtung wohlfühlen

Wenn das Kind morgens freudig ankommt, auf die Begrüßung eingeht, sich an Interaktionen beteiligt und eigenständig die Umwelt erkundet, signalisiert es: „Ich bin angekommen.“ Das Kind zeigt, dass es die Kita-Strukturen gut verinnerlicht hat, weiß was als nächstes folgt und es zeigt vor allem, dass es sich in der Nähe seiner Bezugserzieherin sicher fühlt und Freude an der Erkundung der neuen Umgebung zeigt.

  1. Phase: Bereit für den Abschied

Eltern und Kind entscheiden über den Zeitpunkt der ersten Trennung aktiv mit. Die pädagogische Fachkraft sucht das Gespräch mit dem Elternteil vor der ersten Trennung. Sie reflektieren gemeinsam darüber, welche Merkmale das Kind schon zeigt, dass es gut angekommen ist. Auch das Elternteil sollte Vertrauen gefasst und sich in der Einrichtung wohlfühlen. Sie wird explizit gefragt, ob sie bereit für eine erste Trennung ist oder noch nicht. Auch das Kind gibt gewissermaßen sein Einverständnis, da erst dann über eine Trennung nachgedacht wird, wenn das Kind über verschiedene Merkmale zeigt, dass es gut in der Kita angekommen ist und eine sichere Beziehung zu seiner Bezugsfachkraft aufgebaut hat. 

Phase: Die Einrichtung wird zum Alltag

Gelingt die Trennung von den Eltern ohne Proteste, beteiligen sich die Kinder aktiv an Alltags- und Spielsituationen und zeigen dabei, dass es ihnen gut geht, so wird die Zeit ohne Eltern Stück für Stück ausgebaut.

In der Partizipatorischen Eingewöhnung bekommen die Prägungen und (unbewussten) Erfahrungen der Beteiligten erstmals eine besondere Aufmerksamkeit (vgl. Alemzadeh, 2021b). Sie werden als Einflussfaktor für eine gelingende Eingewöhnung mitgedacht. Auch das Traumapotenzial einer wenig sensiblen Eingewöhnung wird thematisiert und in den Fokus gerückt.

Oberstes Ziel der Partizipatorischen Eingewöhnung ist es somit, dass die Eingewöhnung vom Kind und Elternteil aktiv mitgestaltet werden kann und sie bei diesem Prozess feinfühlig und professionell begleitet werden. Die Eingewöhnung soll so gestaltet werden, dass das psychische, seelische, geistige und körperliche Wohlbefinden des Kindes gewahrt werden kann.

Jedes Kind braucht
seine individuelle
Zeit und seinen individuellen
Rahmen.

Wedewardt 2023, S. 42

Die kultursensible Eingewöhnung

In einer Gesellschaft, die von vielen verschiedenen Kulturen geprägt ist, wie die heutige, ist es unerlässlich, dass auch die Eingewöhnung an den verschiedenen Kulturen, deren Werten und Bedürfnissen ausgerichtet wird. Deshalb nehmen sich immer mehr Kitas und Krippen vor, auch die Eingewöhnung an den verschiedenen Kulturen auszurichten.

Bei der “herkömmlichen” Eingwöhnungsgestaltung zum Beispiel nach dem Berliner Eingewöhnungsmodell wird von einer westlichen Sicht auf Beziehungen ausgegangen, in der eine Bezugsperson eine intensive Beziehung zu einem Kind durch ein feinfühliges Handeln aufbaut. “Im Kulturvergleich zeigt sich jedoch, dass Bindungsbeziehungen ganz unterschiedlich gestaltet und bewertet werden. Der Fokus auf die Mutter bzw. eine Hauptbezugsperson wird bspw. außerhalb der westlichen Mittelschicht nicht unbedingt geteilt bzw. mitunter auch explizit abgelehnt” (Lamm 2018, S. 1). So kann es sein, dass Kinder, die in einer Gesellschaft aufgewachsen sind, in der regelmäßige Wechsel der Bezugspersonen normal waren, sie den Eintritt in den Kindergarten oder die Krippe als nicht so herausfordernd wahrnehmen.

In einer kultursensiblen Eingewöhnung werden also die unterschiedlichen kulturellen Prägungen von Familien und ihren Kindern berücksichtigt, ohne ein bestimmtes Eingewöhnungs-Verfahren, das an die westliche Kultur angepasst ist, wie beispielsweise das Berliner Eingewöhnungsmodell, “überzustülpen”. Kulturgeprägte, individuelle Erwartungen der BP und die für das Kind bekannten, kulturbedingten Betreuungsvorerfahrungen werden in der kultursensiblen Eingewöhnung thematisiert und im Ankommensprozess berücksichtigt.

Die Bedürfnisorientierte Beziehungszeit (Eingewöhnung)

Die theoretischen Grundlagen für das bedürfnisorientierte Ankommen in der Einrichtung bildet die bedürfnisorientierte Pädagogik (vgl. Wedewardt & Hohmann 2021). Als theoretisches Fundament ist neben der Bindungsforschung, der Transitionsforschung, der Psychotraumatologie, der Achtsamkeitsforschung und der Neurowissenschaft auch die Gewaltfreie Kommunikation von Marshall Rosenberg (2016) hervorzuheben.


Die bedürfnisorientierte Beziehungszeit (vgl. Wedewardt 2023) ist von einem individuellen Vorgehen geprägt, das sich an den beteiligten Menschen ausrichtet. Es bezieht die individuellen Temperamente, die unterschiedlichen neuronal-genetischen Voraussetzungen (Neurodivergenzen), kulturellen Hintergründe, Eigenheiten und Interessen jedes Beteiligten mit ein. Auf diese Weise ist jede bedürfnisorientierte Eingewöhnung einzigartig.


Die bedürfnisorientierte Beziehungszeit macht sich frei von Eingewöhnungsmodellen, die einen bestimmten Ablauf oder einen Zeitrahmen vorgeben. Es wird davon ausgegangen, dass jeder Mensch so unterschiedliche Voraussetzungen mitbringt, dass Modelle dem Einzelnen im Ankommensprozess kaum gerecht werden können. Es gibt Voraussetzungen, die dazu führen können, dass der Ankommensprozess schnell verläuft, es ist aber auch möglich, dass die erste Trennung nach vier Wochen stattfindet. Alles darf sein – immer an den Gefühlen und Bedürfnissen der Beteiligten ausgerichtet. Jeder bekommt das, was er braucht.

Entsprechend des Menschenbildes der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall Rosenberg (2016) wird auch im Ankommensprozess davon ausgegangen, dass jeder Mensch zu jeder Zeit sein bestmögliches Verhalten zeigt, um sich seine Bedürfnisse zu erfüllen. Egal, wie Menschen sind, was sie tun, was sie sagen oder wie sie sich verhalten, sie streben danach,
sich ihre Bedürfnisse zu erfüllen, um psychisch und physisch gesund zu bleiben.

Bedürfnisorientiert in einer außerfamiliären Einrichtung anzukommen bedeutet, dass die Bedürfnisse aller Beteiligten – die des Kindes, der Begleitperson und der pädagogischen Fachkraft – wahrgenommen und berücksichtigt werden. Ebenso wird den Gefühlen aller Raum geschenkt und ihre Grenzen gewahrt. Die Beteiligten dürfen den Prozess des Ankommens mitgestalten.

Literatur

Alemzadeh, M. (2023): Partizipatorische Eingewöhnung. Freiburg im Breisgau: Herder.

Alemzadeh, M. (2021a): Traumafrei eingewöhnen. In: TPS Theorie und Praxis der Sozialpädagogik, Traumapädagogik. Heft 9/21. S. 36–39.

Alemzadeh, M. (2021b): Die Tränen der Vergangenheit. In: TPS – Theorie und Praxis der Sozialpädagogik, Traumapädagogik. Heft 9/21. S. 40–43.

Cantzer, A. (2022): Peergroup-Eingewöhnung. Mülheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr.

Dreyer, R. (2017): Eingewöhnung und Beziehungsaufbau in Krippe und Kita. Freiburg im Breisgau: Herder.

Fink, H (2022): Die Eingewöhnung in der Peer – das Tübinger Modell. In: Kita Fachtexte. Online abrufbar unter: https://www.kita-fachtexte.de/fileadmin/Redaktion/Publikationen/220327_KitaFachtexte_Fink_02.pdf (Letzter Zugriff am 28.03.2023).

Griebel, W. & Niesel, R. (2016): Übergänge verstehen und begleiten. Transitionen in der Bildungslaufbahn von Kindern. Berlin: Cornelsen.

Griebel, W. & Niesel, R. (2004): Transitionen. Fähigkeiten von Kindern in Tageseinrichtungen fördern, Veränderungen erfolgreich zu bewältigen. Weinheim, Basel: Beltz Verlag.

Laewen, H-J.; Andres, B. & Hédervári, É. (2007): Die ersten Tage – ein Modell zur Eingewöhnung in Krippe und Tagespflege. Cornelsen.

Lamm, B. (2018): Wie gestaltet sich Kita-Eingewöhnung aus interkultureller Perspektive? In: Kita-Einstieg – Wissen kompakt https://kita-einstieg.fruehe-chancen.de/fileadmin/PDF/Kita-Einstieg/nifbe-Kita-Einstieg-Wissen-kompakt_Eingewoehnung_interkulturell.pdf (Letzter Zugriff am 28.01.2023).

Schäfer, G. E. & Alemzadeh, M. (2012). Wahrnehmendes Beobachten. Beobachtung und Dokumentation am Beispiel der Lernwerkstatt Natur. Weimar: verlag das netz.

Wedewardt, L. (2023): Ankommen dürfen statt loslassen müssen. Freiburg im Breisgau: herder.

Winner, A. & Erndt-Doll, E. (2009): Anfang gut? Alles besser! Ein Modell für die Eingewöhnung in Kinderkrippen und anderen Tageseinrichtungen für Kinder. Berlin: Verlag das Netz.

Rezension Buch „Augenhöhe statt Strafen. Beziehungsstark in Kita, Krippe und Kindertagespflege“ von Kathrin Hohmann

Autorin: Helia Schneider

In der neuen Herder-Buchreihe „Blickschulung: erkennen-reflektieren-verändern“ ist ein weiteres praxisnahes Buch erschienen. Die Autorin Kathrin Hohmann bietet dem/der Leserin die Möglichkeit, sich zu reflektieren, sich den eigenen Erziehungsmethoden im pädagogischen Alltag bewusst zu werden und diese zu hinterfragen.

An konkreten Praxisbeispielen stellt sie dar, warum bestimmte Maßnahmen und Vorgehensweisen (wie z.B. der „Time-Out“ oder das Belohnungssystem mit einer Verhaltensampel) strafend und auch beziehungsschädigend sind und die Entwicklung der Kinder negativ beeinflussen.

Die möglichen Folgen gewaltvoller Interventionen beschreibt sie ebenfalls. Sie geht kapitelweise auf die wichtigen Themen: „Die Fachkraft als Vorbild“, „Auszeit/Ausschluss“, „Körperliche Fixierung“, aber auch „wenn Fachkräfte laut werden“, „Verhaltensampeln und Ermahnungssysteme“, „die Unterscheidung von Konsequenzen und Strafen“, „Zwang beim Essen“, „Wiedergutmachung und Einfühlung statt Floskeln“, „Partizipation gestalten“ und „Die Macht der Sprache“ ein.

In jedem Kapitel zeigt sie außerdem auf, wie die Fachkraft aus dem Praxisbeispiel alternativ auf Augenhöhe hätte reagieren können. Das Buch will pädagogische Fachkräfte sensibilisieren, Denkanstöße geben und neue Sichtweisen eröffnen. Vielleicht wird es für manch einen beim Lesen etwas unbequem, weil er/sie sich „erwischt fühlt“.


Es wird auf der anderen Seite hoffentlich vielen Fachkräften „Aha-Momente“ bescheren und sie veranlassen, ihr Verhalten im Sinne eines gleichwürdigen, beziehungsstarken Miteinanders mit den ihnen anvertrauten Kindern zu ändern, denn – und da ist die Autorin sehr klar: bestimmte Dinge sind schlicht verboten und nicht zu akzeptieren!

Ihr gelingt es jedoch, dass man sich beim Lesen nicht bewertet und verurteilt fühlt.

Ein weiteres Buch aus der Reihe „Blickschulung“ ist „Wörterzauber statt Sprachgewalt. Achtsam sprechen in Kita, Krippe und Kindertagespflege“

Kathrin Hohmann, K. (2022): Augenhöhe statt Strafen. Beziehungsstark in Kita, Krippe und
Kindertagespflege. Freiburg im Breisgau. Herder Verlag 2022.

Zur Autorin: Helia Schneider, Fortbildnerin Elementarpädagogik, Supervisorin, Autorin, www.helia-schneider.de

Gut aufgehoben in der Kita – Buchrezension

Was bedeutet es, gut in der Kita aufgehoben zu sein? Dieser Frage widmen sich die beiden Autor*innen Hans-Joachim Laewen und Beate Andres in ihrem Buch „Gut aufgehoben in der Kita. Zur Praxis einer professionellen Ethik.

Um sicherzustellen, dass Kinder in der Kita gut aufgehoben sind, braucht es ihrer Meinung nach eine gute Prozessqualität, die ganz klaren Regeln und Standards folgt. Ähnlich wie in der Medizin wünschen sich die beiden Autor*innen eine Berufsethik, um einer wie sie meinen, noch stark schwankender Prozessqualität vorzubeugen. Es sei nicht ausreichend, wenn Fachkräfte „nur“ nach ihrem Bauchgefühl oder aus ihrer Berufserfahrung heraus handeln würden.

„Wir schätzen die Risiken einer unzureichenden Betreuungsqualität als so beträchtlich ein, dass über die ethische Dimension einer solchen Praxis nicht länger hinweggesehen werden kann“

(S. 29)

Kinder darf und soll in der Kinderbetreuung nicht geschadet werden. Der aktuelle Stand der Forschung weise ihrer Meinung nach jedoch – insbesondere für Krippenkinder – eine Reihe an Risiken auf. Sie zitieren dabei Stressstudien zum Cortisolgehalt im Speichel der Kinder, die NICHD-, die NUBBEK-Studie und die Wiener Krippenstudie (vgl. S. 39ff.). Diese Erkenntnisse und die Erfahrungen aus der Praxis geben also „Anlass zur Sorge“ (S. 55).

Laewen und Andres weisen jedoch auch darauf hin, dass die Betreuung von Kindern nicht schade, wenn sie von hoher Qualität sei. Da in vielen Einrichtungen die Prozessqualität jedoch nicht ausreichend gut ist, muss sich ihrer Meinung nach dringend etwas ändern.

Um eine Berufsethik für pädagogische Fachkräfte zu entwickeln, können die zum Buch beiliegenden „Arbeitsbögen zur Sicherheit der pädagogischen Qualität“ genutzt werden. Darin werden die Parameter einer guten Interaktionsqualität und die Voraussetzungen dafür aufgeschlüsselt eine Praxis zu etablieren, in der Kinder gut aufgehoben sind.

Die Arbeitsblätter befassen sich beispielsweise mit folgenden Themen und Fragen:

  • Wie ist das Vertrauen im Team?
  • Werden Strafen angewandt?
  • Herrscht eine Atmosphäre der Angstfreiheit?
  • Wie kann Stress vermieden werden?
  • Wie sind die Haltungen und das Verhältnis zu den Eltern?
  • Wie gut ist die Fachkraft-Kind-Beziehung?
  • Wie werden die Übergangsphasen gestaltet?
  • Wie geht es dem Kind? uvm.

Mithilfe von acht Arbeitsblättern kann die Einrichtung ihre eigene Qualität einschätzen, sie auswerten und, das ist wohl das Wichtigste, miteinander ins Gespräch kommen.

Laewen, H.-J. & Andres, B. (2022): Gut aufgehoben in der Kita. Arbeitsbögen zur Sicherung der pädagogischen Qualität, S. 4.

„Qualität ist in jeder Kita möglich!“ so die Autor*innen, wenn das Wohlbefinden der einzelnen Menschen, ob groß oder klein, immer wieder beobachtet und auf den Prüfstand gestellt werde. Pädagogische Fachkräfte sollten sich immer wieder die Frage stellen, ist ein jedes Kind in unserer Einrichtung gestresst oder gut bei uns aufgehoben?!

Das Buch „Gut aufgehoben in der Kita“ und das dazugehörige Arbeitsbuch sind hilfreich, um die Relevanz pädagogischer Arbeit und ihre Qualität zu verdeutlichen. Mit dem Arbeitsbuch kann es jedem Team gelingen, einzelne Situationen und einzelne Kinder in den Blick zu nehmen und zu hinterfragen, was können wir tun, um unsere Arbeit zu verbessern sowie dafür Sorge zu tragen, dass ein jedes Kind gut bei uns aufgehoben ist?

Quellen:

Laewen, H.-J. & Andres, B. (2022): Gut aufgehoben in der Kita. Zur Praxis einer professionellen Ethik. Freiburg im Breisau: Herder.

Laewen, H.-J. & Andres, B. (2022): Gut aufgehoben in der Kita. Arbeitsbögen zur Sicherung der pädagogischen Qualität. Freiburg im Breisau: Herder.

Liste empfehlenswerter Kitas, Krippen und Kindertagespflegestätten, die bedürfnisorientiert arbeiten

Viele Fachkräfte sind mit der pädagogischen Haltung ihrer Kolleginnen und Kollegen unzufrieden. Auch Eltern hadern mit der Kita ihrer Kinder. Die Werte und pädagogischen Methoden stimmt allzu oft nicht mit den eigenen Vorstellungen über die bedürfnisorientierte Begleitung von Kindern überein. Deshalb sind viele auf der Suche nach einer Einrichtung, die zu den eigenen Werten passt – nach einer bedürfnisorientiert arbeitenden Kita.

Deshalb wurden in der Facebook Gruppe „Bedürfnisorientierte Kinderbetreuung“ und bei Instagram immer wieder Kitas gesammelt, die als bedürfnisorientiert arbeitend eingestuft werden. Es gilt zu bedenken, dass diese Liste aus Empfehlungen erstellt und nicht auf der Grundlage objektiver Kriterien erhoben wurde.

Baden-Württemberg
– Kindergruppe Nikolausstraße Stuttgart Ost
– Stadtzwerge Heilbronn
– Waldwichtel St. Leon-Rot
– Kita St. Franziskus im Kirchtal
– Kinderhaus Waldau Schwäbisch Gmünd
– Kinderkrippe Tausendfüßler Schriesheim
– Kinderkrippe Tausendfüssler Hirschberg a.d. Bergstraße
– Kinderbetreuung Rabennest e.V. Mühlacker
– Kinderkrippe Schnallenäcker
– Montessori Kinderkrippe „il nido“ Radolfzell (Bodensee)
Bayern
– Waldkindergarten Aichhörnchenkobel Aichach 
– Fröbel Kinderkrippe Galopperstraße München
– KITA Klostermäuse Beyharting 
– Montessori Kinderhaus Aschaffenburg
– Haus für Kinder untere Au Gaimersheim
– Evangelische Montessori Kinderkrippe Dönauwörth
– Kita Kringelland in Dillingen an der Donau
– Awo Kinderhaus Steinhöring
– Natuerlebnis Kitas Alzenau
– Montessori Kinderhaus Dachau
– Kindergarten kleine Strolche in Winkels bei Bad Kissingen
Berlin
– Kinderladen Sonnengarten
– Kinderladen “die Optimisten”
– Kita Motzstraße in Tempelhof Schöneberg
– JuLiKinder Berlin Steglitz
– Kinderladen wilde Hummeln Berlin Wilmersdorf
– APEGO-Kita Berlin
– Herzberger Wurzelzwerge Berlin Lichtenberg
– Lichtenrader Kinderoase Berlin Lichtenrade
Brandenburg
– Kinderfaculty Eberswalde
– Kita Pumuckl Senzig“ in Königs Wusterhausen, OT Senzig
Bremen
– Elternverein Murmel in Bremen Borgfeld
Hamburg
– Die NestRocker in Hamburg 
– Kita Hansekinder
– Pünktchens Tintenklecks
–  Kita Nordvind
– Kindertagespflege Winterhuder Pusteblümchen (Sabine Kortlang)
– KiTa Beethovenstraße“ der Hansestadt Stade
Hessen
– Krabbelstube Sausebraus in Frankfurt am Main Höchst
– Amselnest in Frankfurt am Main Unterliederbach
– Waldorfkindergarten Witzenhausen (Hessen)
– Kahl am Main beim NaturErlebnis eV.
– Kindergarten Manderbach in Manderbach/ Dillenburg
– Kita Leerbachstr. Innenstadt I Frankfurt am Main
– Krabbelstube Pfuetzenacker Oberursel
– Waldmäuse Ehringshausen
– Kinderzeit, gute Zeit in Schwalbach v. Taunus
Mecklenburg Vorpommern
– Kita St Thomas Morus in Rostock
Niedersachsen
– Krippe Arche Noah Wurster Nordseeküste
– KiTa Die Tweelis Oldenburg
NRW
– Fortschritt Kinderhaus Grafrath 
– Kinderhaus Kunterbunt Paderborn
– Kinderladen das Kind e.V. Düsseldorf
– Kita St. Barbara Broicher Siedlung Alsdorf
– Gerry Weber Kita Kids World Halle (Westfalen)
– Kids World Halle Westphalen
– Naturkindergarten Üllehütt
– Städt. Kita Rückertstr. in Duisburg
– AWO Kita Deutzer Wiese in Köln
-Kolping Waldkindergarten Wurzelland in Velbert (Fasanenweg)
Rheinland Pfalz
– Kindertagesstätte Unkel, Schulstr. 3 in Unkel
Sachsen
– Kita Striesener Entdeckerland Dresden
Schleswig Holstein
– Waldorf Krippe Mäander
Thüringen
– Kita Regenbogenfisch Gera Thüringen
– Kindergarten Burgweg in Jena
– Kindergarten Sportforum in Jena
Schweiz
Kinderkrippe Tröimschlossji Glis

Bitte verwendet die Informationen über die Kitas bedacht. Bitte bedenkt, dass sie nicht nach standardisierten Verfahren ausgewählt wurden oder gar ein Siegel tragen. Ihr könnt deshalb auch keine speziellen Ansprüche an die aufgelisteten Einrichtungen erheben.

Herausforderung Kita

Kommt ein Kind in die Krippe oder den Kindergarten endet eine Zeit enger Beziehung. Das eng auf einander bezogene Leben wird von einer neuen Phase für Eltern und Kinder abgelöst. Weil der Einstieg in die familienergänzende Betreuung für alle so unbekannt ist, wird sie von einer Bandbreite an unterschiedlichsten Gefühlen begleitet:

Es kann Erleichterung mit sich bringen, wieder mehr Freiraum für die Eltern, Raum für Eigenständigkeit, Autonomie und Selbstwirksamkeit. Auch das Kind kann den Einstieg in die Betreuung als eine Bereicherung erleben und mit Vorfreude genießen. Es kann Stolz empfinden, fühlt sich nun „größer“ und bekommt neue Anregungen, um zu lernen.

Gleichzeitig blicken viele Eltern auch sorgenvoll auf diese Zeit der außerfamiliären Betreuung ihres Kindes. Sie ist mit Angst verbunden, mit einem Gefühl von Traurigkeit und manchmal auch Ohnmacht. Das erste Mal wird das Liebste, das man hat, in „fremde“ Hände gegeben. Nicht zu wissen, wie sehr man selbst die Bezugsfachkraft mag, wie es dem Kind in der Einrichtung geht, es nicht mehr beschützen zu können und es für die Betreuungszeit „aus dem Auge“ zu verlieren bringt ein Gefühl von Kontrollverlust und Ohnmacht mit sich.

Es braucht also eine ordentliche Portion an Vertrauen. Um loszulassen und Vertrauen aufzubauen, hilft es jedoch nicht, zu hören: „Du musst mal loslassen!“ oder „Tränen gehören dazu!“. Um Vertrauen entwickeln zu können, braucht es Vertrauen, nicht weil ich es mir einrede, sondern weil ich es entwickeln konnte.

Was es braucht, um Vertrauen entwickeln zu können:

  • eine gute Beziehung zu den Fachkräften
  • als Eltern mit den eigenen Gefühlen erst genommen zu werden
  • als Eltern mit den eigenen Bedürfnissen gesehen zu werden
  • als Eltern mit den eigenen Grenzen gesehen zu werden
  • als Eltern auch eigene Werte mit einbringen zu dürfen
  • die Möglichkeit Konflikte konstruktiv zu besprechen und Kompromisse zu schließen

Der größte Konflikt, der sich in der Kinderbetreuung anbahnen kann, besteht darin, dass die eigenen Werte eines beispielsweise bedürfnisorientierten Umgangs auf die Werte der Einrichtung stoßen und diese wenig vereinbar sind. Wird das eigene Kind in der Kita belohnt, bestraft, manipuliert, verglichen, beschämt oder in irgendeiner Weise nicht so angenommen, wie es ist, kann das für Eltern sehr belastend sein. Sie befinden sich dann nicht nur in einem Konflikt mit den Fachkräften, sondern tragen andauernd einen eigenen, inneren Konflikt mit sich. Es werden innere Stimmen laut, die den eigenen Kopf zum Platzen bringen können oder den Bauch zum schmerzen.

Innere Fragen von Eltern im Wertekonflikt

  1. Kann ich meinem Kind diese Einrichtung zumuten?
  2. Wird es trotz anderer Werte in der Einrichtung psychisch gesund aufwachsen können?
  3. Welche Verhaltensweisen von Fachkräften sind ok und welche nicht?
  4. Wie kann ich Konflikte ansprechen?
  5. Wie veränderbar ist die Haltung der Fachkräfte?
  6. Ab wann sollte ich mein Kind aus der Einrichtung nehmen?
  7. Gibt es alternative Einrichtungen?
  8. Kann und will ich mein Kind zuhause lassen?

Eine gute Beziehung zwischen Fachkräften, Kindern und Eltern ist möglich und die entscheidende Voraussetzung für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. In unserem Buch „Kinder achtsam und bedürfnisorientiert begleiten“ (Wedewardt/Hohmann 2021) zeigen wir auf, dass eine achtsame, gewaltfreie und bedürfnisorientierte Pädagogik möglich ist.

Werden in der Einrichtung des eigenen Kindes jedoch keine bedürfnisorientierten Werte gelebt, gibt es verschiedene Wege damit umzugehen. Je nachdem, wie die familiären Verhältnisse sind, welche Bedürfnisse Eltern haben, welche Persönlichkeit das Kind hat und wie schwerwiegend die Wertekonflikte zwischen zuhause und der Einrichtung sind, können individuelle Strategien erarbeitet werden, um einen gemeinsamen, glücklichen Weg zu finden. Die Möglichkeiten reichen vom Ansprechen eigener Bedürfnisse im vier-Augen-Gespräch mit der Fachkraft bis hin zur Meldung beim Träger aufgrund von beobachtetem, grenzverletztendem Verhalten in der Kita.

Gelingt es, die Bindungs- und Bedürfnisorientierung auch in den Einrichtungen nicht nur im Hinblick auf das Kind, sondern auch in der Beziehung zwischen Fachkräften und Eltern zu leben, kann die Krippen- und Kindergartenzeit eine wichtige und bereichernde Phase im Leben einer Familie darstellen. Sie muss nur für alle gesund sein.

Woran erkenne ich eine gute Kita?

Viele Eltern fragen sich, woran eine gute Kita erkennbar ist. Auch wenn die meisten nur wenig Wahlmöglichkeit haben und froh sind, wenn sie überhaupt eine Betreuungsmöglichkeit finden, wollen sie die Einrichtung doch so bewusst wie möglich auswählen. Ihnen ist es wichtig, die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, um eine Einrichtung ausfindig zu machen, die gut ist. Sie wollen sich sicher fühlen und wissen, dass ihr Kind in der gewählten Einrichtung gut aufgehoben ist. Manchmal fehlt es jedoch an Ideen und Anhaltspunkten, woran gute Qualität in Kitas festgemacht und von außen ermittelt werden kann.

Dieser Artikel soll dabei behilflich sein, Kita-Qualität besser zu verstehen und zu ermitteln. Es werden die Parameter von Kita Qualität aufgeschlüsselt und erklärt. Außerdem wird die Relevanz und Gewichtigkeit der einzelnen Elemente genauer beleuchtet. Zuletzt bekommen Eltern Strategien an die Hand, mit denen sie die Qualität ihrer favorisierten Kita feststellen können.

Strukturqualität, Orientierungsqualität und Prozessqualität

Kita-Qualität lässt sich in drei verschiedenen Bereichen feststellen: Im Bereich der Rahmenbedingungen (Strukturqualität), der Konzeption (Orientierungsqualität) und der konkreten pädagogischen Arbeit also der individuellen menschlichen Interaktionen (Prozessqualität).

  1. Strukturqualität: Gruppengröße, Fachkraft-Kind-Schlüssel und Erzieherausbildung
  2. Orientierungsqualität: Bild vom Kind, pädagogische Grundwerte meist in der Konzeption und auf der Webseite zu sehen.
  3. Prozessqualität: Die konkrete Interaktionsgestaltung zwischen Fachkraft und Kind sowie zwischen Fachkraft und Eltern

Strukturqualität

Für eine gute Interaktionsqualität ist auch ein guter Fachkraft-Kind-Schlüssel wichtig. Gibt es zu wenig Personal macht sich Überforderung und Stress bei Fachkräften bemerkbar. Das wirkt sich wiederum auf die unmittelbare pädagogische Arbeit mit den Kindern aus. Relevant ist auch, wie viele Kinder sich in einer Gruppe befinden und wie viele Räume zur Verfügung stehen. Je nach Persönlichkeit des Kindes kann es sehr wichtig sein, zu erfahren, wie klein oder groß Räume sind und wie viel Rückzugsmöglichkeiten bereitstehen.

Eltern lassen sich manchmal jedoch zu sehr vom Äußeren einer Kita blenden. „Die Kita sieht so schön neu aus, die Räume sind so groß, hell, schön gestaltet und es gibt viele Holzspielzeuge“ sind dabei Worte, die fallen.

Damit sich Kinder in einer Kita wohlfühlen, brauchen sie jedoch etwas anderes als eine perfekt gestaltete Einrichtung, die bunt und neu strahlt. Sie brauchen eine Einrichtung, in der sie als Mensch gesehen werden, so sein dürfen wie sie sind, Wertschätzung erfahren, Bindungen eingehen, darüber Stress regulieren können und sich abgrenzen dürfen. Es geht also weniger um Äußerlichkeiten als vielmehr um die Qualität von Beziehungen, als um schön gestaltete Räume.

„Es ist egal, wie die Räume aussehen, solange warmherzige Beziehungen gelebt werden können“

Es ist schon möglich, anhand eines Raumes die pädagogische Haltung und das Bild vom Kind abzulesen. Es ist zu sehen, ob sich adultistische, also kinderfeindliche Strukturen erkennne lassen oder nicht. Ist das Fenster für Kinder zu erreichen, gibt es einen unmittelbaren Zugang zum Garten und die Kinder dürfen auch selbständig in den Garten gehen, sind alle Materialien frei zugänglich und auf Augenhöhe der Kinder, gibt es auch „gefährliches“ Material wie eine Werkecke mit Hammer, Nägeln und Säge? So lässt sich vermuten, dass den Kindern Vertrauen entgegengebracht und sie als kompetente Wesen eingeschätzt werden. Jedoch gilt immer zu bedenken, dass die Einrichtung womöglich durch einen Architekt oder durch die Kita Leitung vorgenommen wurde und nicht die Fachkräfte selbst die Raumgestaltung geplant haben. Somit lässt sich diesbezüglich nur bedingt eine Aussage darüber treffen, welche Haltung tatsächlich gelebt wird.

Orientierungsqualität

Das Konzept einer Einrichtung ist das Herzstück der pädagogischen Arbeit. So heißt es oft. Eigentlich sollte es auch so sein und jedes Team sollte sich regelmäßig mit den Inhalten befassen. Steht im Konzept etwas von Partizipation will man von außen auch davon ausgehen, dass Partizipation drin ist. Die Realität sieht jedoch oft anders aus. Ein Konzept kann noch so schön formuliert sein: Es ist etwas vom Schutzkonzept zu lesen oder von einem individuellen Eingehen auf das Kind. Wie diese Standards jedoch in die Praxis von jeder einzelnen Fachkraft gelebt werden, ist oft sehr unterschiedlich. Das liegt daran, dass jeder Mensch aufgrund seiner eigenen Erfahrungen Begriffe unterschiedlich auslegt und unterschiedlich lebt. Partizipation kann für den einen beispielsweise bedeuten, die Kinder abstimmen zu lassen, was für eine Schaukel gekauft wird, für den anderen bedeutet es, die Kinder auch mitentscheiden zu lassen, wann sie von wem gewickelt werden.

Im Konzept der Einrichtung lässt sich ablesen, welche Schwerpunkte die Kita setzte, worauf sie besonders viel Wert legt, ob auf Sport, Musik oder Natur. Wovon jedoch auch ausgegangen werden sollte ist, dass ein Konzept unterschiedlich verstanden und in der Realität gelebt wird.

Deshalb sollte der Hauptfokus bei der Feststellung von Qualität nicht so sehr auf dem Studieren des Konzepts liegen, als vielmehr auf der Beobachtung von gelebter Beziehungsgestaltung (Prozess Qualität). Eltern sollten beispielsweise die Möglichkeit einer Hospitation in Anspruch nehmen, um zu erleben, wie mit Kindern interagiert, wie mit Bedürfnissen umgegangen wird, wie Konflikte begleitet und Grenzen geachtet werden.

Kriterien einer guten Prozess-Qualität

Eine gute Prozess-Qualität lässt sich daran messen, wie achtsam und feinfühlig Fachkräfte auf die Bedürfnisse von Kindern und Eltern eingehen. Ganz konkret kann die Interaktionsqualität an folgenden Parametern beobachtet werden:

  1. Gestaltung der Begrüßung/Verabschiedung
  2. Umgang der Fachkraft mit herausfordernden Situationen des Kindes
  3. Umgang der Fachkraft mit den Gefühlen der Kinder
  4. Umgang mit Konflikten zwischen Kindern
  5. Umgang mit Konflikten zwischen Fachkraft und Kind
  6. Umgang mit den Grenzen der Kinder
  7. Grad an Partizipation
  8. Umgang mit Eltern
  9. Achtsame Sprache

1. Begrüßung/Verabschiedung

Kinder und Eltern werden freundlich begrüßt, gesehen und angenommen. Kinder und Eltern werden aktiv dabei unterstützt, den Übergang zu bewältigen. Bedürfnisse werden wahrgenommen und beantwortet. Grenzen werden geachtet. Kein Kind wird zum Begrüßen/ Verabschieden gezwungen. Die Gefühle der Trauer und eventuell der Angst dürfen sein und werden liebevoll begleitet. Zeigen Kinder Signale, dass sie eine Hand brauchen, einen Arm oder konkrete Unterstützung beim Abschiednehmen, sollten diese Signale beantwortet werden.

2. Umgang der Fachkräfte mit herausfordernden Situationen des Kindes

Kommen Kinder in herausfordernde Situationen oder stehen vor einem Problem, gibt die Fachkraft den Kindern Raum zum Wachsen. Sie nimmt Kindern nicht alles ab oder vermeidet Frustrationen. Wenn Frustration aufkommen begleitet die Fachkraft die Kinder liebevoll. Kommt das Kind alleine nicht weiter, reagiert die Fachkraft feinfühlig und gibt passende Unterstützung, findet gemeinsam mit dem Kind Lösungen und unterstützt so, dass das Kind Erfolgserlebnisse hat.

3. Umgang der Fachkraft mit den Gefühlen der Kinder

Besonders wichtig für die Interaktionsqualität ist der Umgang der Fachkräfte mit den Gefühlen der Kinder. Können sie Gefühle wahrnehmen, differenzieren und benennen? Sind sie fähig, auch starke Gefühle wie Ärger und Frust achtsam zu begleiten ohne selbst überfordert zu werden, sich abzuwenden, zu drohen oder zu strafen? Wie reagieren Fachkräfte auf Gefühle der Kinder? Zugewandt und feinfühlig oder fallen Sätze wie: „Zick nicht rum!“, „So schlimm ist das auch nicht!“ oder „Jetzt hör mal auf mit dem Drama!“? Begleiten Fachkräfte aufkommende Gefühle von Kindern zugewandt und in Beziehung ist im Gefühlsaspekt von einer guten Prozess-Qualität auszugehen.

4. Umgang mit Konflikten zwischen Kindern

Der Umgang der Fachkraft mit Konflikten zwischen Kindern ist ein guter Indikator dafür, wie gut die Interaktionsqualität in dieser Gruppe ist. In einer Konfliktsituation kann abgelesen werden, ob Gefühle zugelassen, Bedürfnisse verbalisiert und eine moderierende Aushandlung stattfindet oder ob Konflikte als etwas Schlechtes bewertet werden, indem sie schnell beendet, Kinder auseinandergenommen, schnell durch die Fachkraft geklärt werden. Fallen Worte wie: „Hört mal auf damit!“ oder „Wir streiten hier nicht!“ ist davon auszugehen, dass Konflikte für die Fachkräfte nicht willkommen sind. Wenn die Fachkraft hingegen dazu in der Lage ist, die Perspektiven und Interessen der Kinder ernst zu nehmen, ihre Gefühle zu begleiten und bei der Lösungsfindung unterstützend zur Seite zu stehen, zeugt das von einer guten Prozess-Qualität.

Umgang mit Konflikten zwischen Fachkraft und Kind

Geraten die Fachkraft und ein Kind in einen Konflikt, ist ebenso gut abzulesen, wie hoch die Interaktionsqualität ist. Übergeht die Fachkraft ein „Nein“ des Kindes, nimmt sie seine Meinung nicht ernst, bestimmt sie, entscheidet sie über den Kopf des Kindes hinweg, ist sie bei Verweigerungen des Kindes gekränkt, reagiert patzig oder geht aus der Beziehung, bedeutet das keine gute Prozess-Qualität. Kann eine Fachkraft jedoch die Meinung des Kindes ernst nehmen, in einen gleichwürdigen Dialog zwischen Interessen eintreten, bei dem beiden Parteien der gleiche Wert zugesprochen wird und in einem Aushandlungsprozess gemeinsame Lösungen erarbeitet sowie Kompromisse geschlossen werden, kann in dem Punkt von einer guten Prozess-Qualität gesprochen werden.

Umgang mit den Grenzen der Kinder

Inbesondere in den Strandardsituationen zeigt sich, ob Grenzen von Kindern gewahrt werden: Essen, Schlafen, Wickeln/Toilette, Anziehen. Dürfen die Kinder bei diesen Routinen mitbestimmen, werden ihre körperlichen Grenzen geachtet und ihr „Nein“ akzeptiert? Darf ein Kind beispielsweise mitentscheiden, von wem es, wo und wann gewickelt wird? Wenn ein Kind die Matschhose nicht anziehen will, gibt es Raum für Aushandlung oder wird über das Kind bestimmt und seine Grenzen übergangen? Muss ein Kind in der Essenssituation etwas bestimmtes essen bevor es den Nachtisch essen darf? Muss ein Kind in der Ruhephase liegen bleiben obwohl es nicht müde ist? Darf ein Kind“Nein“ sagen zu Anweisungen von Erwachsenen oder wird dann gedroht oder gar bestraft? All das sind Schlüsselmomente, in denen eine gute oder weniger gute Prozess-Qualität sichtbar werden kann.

Grad der Partizipation

Der Umgang mit Grenzen der Kinder ist eng verzahnt mit der Partizipation der Kinder. Es reicht nicht aus, Partizipation im Konzept verankert zu haben und regelmäßige Kinderkonferenzen einzuberufen, in denen Kinder über etwas abstimmen können. Eine gelebte Partizipation bedeutet, in Fachkraft-Kind-Interaktionen beobachten zu können, dass das Kind in Entscheidungen, die es selbst betreffen, miteinbezogen wird und seine „Beschwerden“ wahrgenommen werden. Bereits im Krippenalter „beschweren“ sich Kinder beispielsweise darüber, dass ihre Lieblingsbezugsperson nicht da ist, indem sie weinen. Entscheidend ist, ob die Fachkräfte diese Beschwerden wahrnehmen, ernst nehmen und feinfühlig begleiten.

Umgang mit Eltern

Prozess Qualität bedeutet auch, feinfühlig mit den Eltern umzugehen. Eltern sollen mit ihren Gefühlen und Bedürfnissen gesehen und ernst genommen werden. Auch die Grenzen der Eltern sollten in der Erziehungspartnerschaft eine Rolle spielen. Werden die Gefühle der Eltern beispielsweise in der Eingewöhnung nicht ausreichend ernst genommen, werden Anliegen von Eltern abgetan und Grenzen übergangen, zeugt dies von keiner guten Kita Qualität. Manchmal kommt es jedoch vor, dass Fachkräfte sehr feinfühlig mit Kinder sein können, jedoch weniger mit den Eltern. Wenn das festzustellen ist und keine andere Kita zur Verfügung steht, kann es sinnvoll sein, die eigenen Bedürfnisse und Gefühle hinten anzustellen zugunsten des Kindes. Wichtig ist in aller erster Linie, dass sich das Kind wohlfühlt.

Achtsame Sprache

Ein wichtiger Hinweis für eine gute Prozess-Qualität ist die Wortwahl der Fachkräfte. Sprechen sie zugewandt, wertschätzend und wertfrei oder bewerten, stigmatisieren, vergleichen, manipulieren oder drohen sie sogar? Bei der Wahl der Worte werden die psychischen Grenzen der Kinder geachtet oder übergangen. Aus diesem Grund ist es so wichtig darauf zu achten, wie Fachkräfte mit Kindern sprechen. Bei einer gleichwürdigen, bedürfnisorientierten, authentischen, gefühlsbetonten und wertschätzenden Sprache ist von einer guten Interaktionsqualität auszugehen.

In 4 Schritten die Kita-Qualität feststellen

Mit den folgenden Schritten können Eltern die Qualität einer Kita ermitteln:

  1. Webseite betrachten (Struktur/ Orientierungsqualität)
  2. Konzeption lesen (Orientierungsqualität)
  3. Gespräch vereinbaren (Struktur-/ Orientierungs- / Prozessqualität)
  4. Hospitation vereinbaren (Prozessqualität)

1. Webseite betrachten

Zunächst können Eltern die Webseite einer Kita betrachten, um erste Anhaltspunkte darüber zu finden, welchen Werten die Kita folgt und wo der Schwerpunkt der pädagogischen Arbeit liegt: Ist sie eher Sport-fokussiert, musisch-kreativ, naturnah, arbeitet sie nachhaltig, mit einer bestimmten pädagogischen Ausrichtung wie Waldorf, Montessori oder Freinet, sind die Gruppen offen gestaltet oder arbeitet die Kita geschlossen in Stammgruppen mit festen Bezugspersonen. Die pädagogischen Ausrichtungen können bereits wichtig sein, um herauszufinden, ob die Einrichtung zur Persönlichkeit des Kindes passt.

Nicht jede Kita ist für jedes Kind geeignet. Kinder sind sehr unterschiedlich. Je nachdem, welches Temperament sie haben, welche Persönlichkeitseigenschaften, braucht ein Kind gewisse Rahmenbedingungen, um sich wohlzufühlen. Für sensible Kinder sind meist offen arbeitende Kitas weniger zu empfehlen. Für sehr interessierte, neugierige Kinder, die weniger bindungsbezogen sind, kann eine offen arbeitende Kita dienlicher sein, da sie dort mehr Bewegungsfreiraum und mehr materielles Angebot vorfinden. Sensible Kinder fühlen sich hingegen oft bei gleichbleibenden Bezugspersonen, in kleinen und gleichbleibenden Räumen sicherer.

2. Konzeption lesen

Die Konzeption kann Anhaltspunkte dafür bieten, zu erfahren, welche pädagogische Haltung und welches Kindbild die Kita vertritt. Allerdings ist bei der Konzeption Vorsicht geboten, da die Auslegungsvarianz der verfassten Haltung in der Praxis sehr breit ist. Konzeptionen klingen oft schön, jedoch wird nur selten einheitlich gelebt, was geschrieben ist (vgl. Orientierungsqualität).

„Die Auslegungsvarianz einer Konzeption ist oft sehr breit. Sie wird in der Praxis sehr unterschiedlich verstanden und gelebt.“

3. Gespräch

In einem Erstgespräch können bereits viele individuelle Fragen gestellt werden. Auch die eigenen Werte und Erwartungen können darin zum Tragen kommen und Gehör finden.

Ob ein Erstgespräch gewährt wird und wie die Reaktion der Fachkräfte im Gespräch ist, kann ein guter Hinweis dafür sein, wie gut die Kita arbeitet. Wird ein Erstgespräch verweigert, ist das bereits ein schlechtes Zeichen und eine andere Kita sollte ausfindig gemacht werden. Wird ein Gespräch ermöglicht, können darin bereits erste Anhaltspunkte dafür gesammelt werden, wie die Fachkräfte auf mich als Eltern reagieren, wie ernst sie mich mit meinen Anliegen nehmen und wie relevant eigene Erwartungen und Bedürfnisse für sie sind.

Für das Gespräch können folgende Fragen und Anliegen hilfreich sein:

  • wie ist die Personalsituation? (Wichtig, um den Stressfaktor für das Kind zu ermitteln)
  • Wie groß sind die Gruppen?
  • Wie hoch ist die Fluktuation von Fachkräften? Wie stabil ist das Team (Wichtig um herauszufinden, wie stabil Beziehungen sein können und wie hoch das Konfliktpotenzial im Team ist)
  • Kann ich (in der Eingewöhnung) mit einer relativ konstanten Bezugsperson rechnen?
  • Wie lange darf ich mir für die Eingewöhnung Zeit nehmen?
  • Werde ich an den Schritten der Eingewöhnung beteiligt?

Was ich mir für mein Kind in der Kita wünsche:

Mir ist es wichtig, dass …

… mein Kind selbst bestimmen darf, was auf seinen Teller kommt, was es isst und wie viel. Es soll auch einen Nachtisch bekommt, wenn es nichts von der Hauptspeise gegessen hat.

… mein Kind nicht bestraft wird, nicht als Auszeit an den Tisch oder in die Garderobe gesetzt wird.

… meinem Kind bei Fehlverhalten Verständnis entgegengebracht wird und es nicht bestraft oder vorgeführt wird.

… mein Kind mitentscheiden darf, ob es schläft oder nicht.

… mein Kind mitbestimmen darf, wann es von wem und wo gewickelt wird/ auf Toilette gehen mag.

… mein Kind selbst entscheiden darf, an welchen Angeboten es teilnimmt und an welchen nicht.

… mein Kind mit all seinen Gefühlen ernst genommen wird und sein darf, dass es getröstet wird und auch mit seinem Ärger und seiner Angst gesehen wird.

… mein Kind sich abgrenzen und „Nein“ sagen darf

Die Reaktionen auf die formulierten Anliegen gibt Aufschluss darüber, wie zugewandt und familienorientiert in der Einrichtung gearbeitet wird.

„Die Hospitation ist der wichtigste Schritt, um die Qualität einer Einrichtung festzustellen!“

4. Hospitation: Die Hospitation ist der wichtigste Schritt, um die Qualität einer Einrichtung festzustellen. Denn letztlich bringt kein Konzept und keine ausreichend guten Rahmenbedingungen etwas, wenn die festgeschriebene Haltung nicht tatsächlich gelebt wird. In einer Hospitation, möglichst in der vorgesehen Gruppe können Eltern beobachten, wie die potenziellen Bezugspersonen die Kriterien der Prozessqualität in der Praxis umsetzen (vgl. Prozessqualität). Eltern können beobachten, wie Fachkräfte die Gefühle der Kinder begleiten, wie sie mit ihren Gefühlen umgehen, Konflikte moderieren und wie sie ihre Grenzen achten. Empfehlenswert für die Beobachtung sind die klassischen Standardsituationen wie Essen, Schlafen und Rausgehen. Darin entstehen häufiger Konflikte als in entspannten Spielsituationen und eigenen sich deshalb hervorragend, um zu beobachten, wie achtsam mit den Bedürfnissen der Kinder umgegangen wird.

Wird Eltern eine Hospitation verweigert oder zumindest kritisch beäugt, kann die Kita als nicht ausreichend gut bewertet und abgehakt werden. Jede Einrichtung sollte dazu bereit sein, Eltern einen Einblick in ihre pädagogische Arbeit zu geben. Ist das nicht der Fall ist davon auszugehen, dass sie auch künftig wenig transparent arbeiten, die Bedürfnisse von Eltern wenig ernst nehmen sowie wenig Offenheit zeigen für Impulse von außen.

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Die 10 häufigsten, Momente, in denen das Lernbedürfnis der Kinder nicht gesehen oder missverstanden wird.

Kinder hauen, werfen mit Steinen, spritzen einen nass, spucken, matschen mit Essen oder tun die gleiche Aktivität zum tausendsten Mal. Wir ertappen uns vielleicht dabei, wie wir denken: “Oh Gott, ist das Kind schlecht erzogen!”Oder: “Hat es die Regeln noch nicht verstanden? Die haben wir doch schon so oft erklärt!”Oft missverstehen wir das Handeln der Kinder und bewerten es als freches Verhalten.

Dabei geht es den Kindern nur um eins: Ein interessensgeleitetes Lernziel zu folgen. Jacob möchte gerne wissen, warum seine Stimme manchmal leise und manchmal laut aus seinem Mund herauskommt, deshalb schreit er. Oder Charlotte möchte so gerne ausprobieren, warum das eine Holz leichter zu werfen ist als das andere und warum ein Stein am kürzesten fliegt, wenn sie ihn wirft.

Es ist wichtig, die tatsächlichen Lernbedürfnisse der Kinder wahr- und ernst zu nehmen und sie nicht als Provokation zu verstehen. Es handelt sich beim Spucken, Werfen, Raufen, Schreien ebenso um Lernfelder, die erprobt werden wollen genauso, wie Klettern, Hüpfen, Malen uvm.

„Es ist wichtig, die tatsächlichen Lernbedürfnisse der Kinder wahr- und ernst zu nehmen und sie nicht als Provokation zu verstehen“

Wenn die Verhaltensweisen tatsächlich unpassend sind, können wir achtsam Grenzen formulieren und Alternativen anbieten. Wenn Grenzen dabei verletzt werden, können wir sagen: „Ich sehe, dass du gerade spucken üben möchtest. Hier passt es gerade nicht, aber wir können ja mal ein Weitspuckwettbewerb machen. Was hälst du davon?“Dadurch wird das Lernbedürfnis des Kindes ernst genommen, es wird gesehen und gleichzeitig können sanft Grenzen gesetzt werden.

Wichtig ist, zu unterschieden, handelt es sich bei dem Verhalten um den Ausruck eines Gefühls wie Wut, Ärger oder Frustration? Möchte das Kind durch Spucken, Hauen oder Schubsen seine Grenzen verdeutlichen? Dann braucht es natürlich einen anderen Umgang, als wenn es sich um ein echtes Explorationsinteresse handelt. Es braucht also mal wieder unsere genaue, wertfreie Beobachtungsgabe.

Lasst uns also für uns zunächst irritierende Lernmomente nicht als unerzogen abtun, sondern als wunderbare Lernsituationen feiern mit: „Wie wunderbar, wie Charlotte die Steine wirft!“

Reflexionskarten für die Teamarbeit

Für euer Team könnt ihr die folgenden Karten ausdrucken und ausschneiden, um sie als Reflexionsgrundlage zu nutzen.

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#gemeckerfrei – ein Elternratgeber für mehr Liebe in der Familie

Das Buch #gemeckerfrei ist eine liebevolle Einladung der beiden Autoren Uli und Bernd Bott an den/die Leser:in, sich selbst zu mögen. Sie erzählen sehr persönlich von ihrem Elternsein, welche Hürden sie genommen haben und welche Erkenntnisse sie letztlich daraus gewinnen konnten. Sie wollen mit ihrem Buch dafür werben, sich als Eltern selbst zu lieben, Ansprüche herunterzuschrauben, Perfektion und das damit verbundene immer wiederkehrende Mangelgefühl von “Ich bin nicht gut genug!” zu hinterfragen. Denn Mangel zieht Mangel an so sagen sie und sei ihrer Meinung nach eine wesentliche Ursache für Gemecker. Wenn ich mich selbst nicht mag, an mir selbst rumnörgele, tue ich es auch im außen – ich meckere an meinen Kindern, meinen Freunden oder meinem Partner herum.

Ein Großteil des Buches ist aus der persönlichen Sichtweise von Uli geschrieben aus ihren Erfahrungen angereichert mit Fachwissen und wissenschaftlichen Erkenntnissen. Immer wieder kommt jedoch auch ihr Ehemann Bernd mit seiner Perspektive auf Ereignisse zu Wort. In klar erkennbaren Kästen, die sich vom Rest des Textes abheben, wird also auch “Bernds Blick” aus Sicht eines Mannes und Ehepartners einbezogen.

Die beiden Autor:innen wollen mit dem Buch also Mut machen, das Ruder doch noch herumzureißen und Erziehung zu hinterfragen. Sie machen Mut, sich zu entspannen, #gemecker -Stellen aufzuspüren und neue Pfade im Gehirn zu ebnen, anders als bisher – kurz: eine „Family in Love“ zu werden. 

Uli und Bernd Bott konnten in ihren 21 Jahren Elternschaft viele Ursachen für #gemecker herausfiltern sowie Ideen entwickeln, mit denen ein #gemeckerfreies Miteinander möglich werden kann. Darüber sprechen sie in diesem Buch ausführlich und geben konstruktive Ideen an die Hand, um Stress zu reduzieren, Verantwortung zu übernehmen und letztlich in die Selbstliebe zu finden.

Diese Buch ist für alle, die eine persönliche Geschichte mögen, die beim Lesen eine unmittelbare Nähe spüren wollen als würden sie sich Rat von einer guten Freundin holen, die sagt: “Nimm es nicht so schwer! Es wird schon alles gut!”.

Das Buch gibt es auch als Hörbuch.

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Fasching im U3 Bereich. Kein Fest für die Kinder?!

Jedes Jahr auf’s Neue freuen sich viele Erwachsene auf das Faschingsfest. So auch Fachkräfte in den Kindergärten und Krippen. Mehrere Tage wird überlegt und geplant, um den Kindern ein ereignisreiches, schönes Faschingsfest zu ermöglichen. Die Vorfreude der Fachkräfte schwappt auf die Kinder über und sie spüren, irgendetwas Schönes steht bevor. 

Dann ist der große Tag da! 

Am Morgen hat Papa bereits einen großen Aufwand betrieben, um mich (Jaro 2 Jahre) ganz besonders anzuziehen. Papa hatte ein buntes Kostüm in der Hand und versuchte es mir überzustülpen. Ich wehrte mich. Es kratzte und ehrlich gesagt hätte ich meine Lieblingshose und meinen Lieblings Pullover bevorzugt. Wir haben uns deshalb gestritten. Ich wurde wütend. Am Ende bestand er darauf, dass ich das bunte Ding mit den vielen Glocken und einen roten Hut anziehe. Er zog mir die ungeliebte Klamotte über, obwohl ich dagegen war.

In der Krippe angekommen, wirkte irgendwie alles so anders als sonst, es war so bunt. Überall hingen Dinge von der Decke, es waren Plakate aufgehängt und Luftballons. “Luftballons mag ich gerne” dachte ich. Ich wusste gar nicht, wo ich zuerst hinschauen sollte. Weil ich so sehr damit beschäftigt war, mir alles anzuschauen, bemerkte ich nicht, dass Papa bereits etwas genervt war, weil ich mir die Hausschuhe nicht anzog. Ich war abgelenkt. Alles sah so anders aus und ich stellte mir die Frage, ob das wirklich mein Gruppenraum war? Ich fand mich etwas schwer zurecht. 

Papa begleitet mich zum Gruppenraum. Dort würde ich endlich Steffi sehen, meine Erzieherin, darüber freute ich mich. Dann würde alles gleich im Lot sein wusste ich und auch meine beiden Freunde Tim und Carlo würde ich gleich sehen. Die Tür ging auf und ich schaute plötzlich in einen anderen Raum als sonst. “Das ist doch nicht mein Gruppenraum?!” Dachte ich verwirrt. Er sah so anders aus. “Wo ist denn eigentlich Steffi?” Fragte ich mich und suchte umher. Gleich würde Papa sich von mir verabschieden wusste ich beunruhigt, deshalb brauchte ich unbedingt Steffi. Zwei Menschen kamen auf mich zu. Ich erkannte sie nicht. Sie hatten Farbe im Gesicht und bunte Haare auf dem Kopf. Das machte mir Angst. Wer war das? Panik machte sich in mir breit. “Hier konnte ich auf keinen Fall bleiben!” Dachte ich. Ich begann, zu weinen. 

Aus dem hinteren Raum kam eine weitere Person hinzu. Sie hatte eine Maske im Gesicht. Das machte mir noch mehr Angst. “Bitte schnell nachhause gehen schreit es in mir!” Erst als die Person die Maske abnahm und mit mir sprach, erkannte ich Steffi. Ich beruhigte mich ein wenig. Papa wollte nun gehen und ich begann wieder zu weinen. Ich wollte wieder nachhause, das war mir alles zu viel und zu ungewohnt. Steffi nahm mich auf den Arm, durch den Klang ihrer Stimme, konnte ich mich beruhigen und wieder in meine Mitte finden. Langsam gewann ich mein Vertrauen zurück. Auch wenn sie heute anders aussah als sonst, gab mir Steffis gewohnte Stimme Sicherheit. Zum Glück ließ sie nun die Maske ab. Denn eben, als sie sie erneut aufzog, stieg wieder Furcht in mir auf. Ein Glück verstand Steffi mich und lächelte mich mit ihrem bekannten Gesicht an.

Zu den anderen Erzieherinnen traute ich mich noch immer nicht. Ich wusste nicht, wer sie waren. Hatte ich sie schonmal gesehen oder kannte ich sie nicht? Ich wusste es nicht. Durch ihre Perücken und geschminkten Gesichter konnte ich nur schwer einschätzen, ob ich ihnen trauen konnte.

Steffi blieb an meiner Seite. Nun ging es mir ein wenig besser. Ein wenig konnte ich das Fest und das reichliche Angebot genießen, es gab Süßigkeiten und andere Leckereien. Langsam begann es, richtig Spaß zu machen. Zuhause bekam ich sonst nicht so viele Süßigkeiten. Laute und lustige Musik wurde gespielt, es wurde getanzt, gejubelt und gefeiert. 

Als mein Papa mich später wieder abholte, war ich sehr erschöpft. Auf dem Nachhauseweg hatte ich noch immer die vielen Bilder vom Faschingsfest im Kopf. Sie schwirrten um mich und tauchten immer wieder in meinem Kopf auf. Plötzlich mitten auf dem Gehweg brach ich zusammen, Wut brach aus mir heraus. Mein Papa wusste nicht, was los war und bat mich, aufzustehen, um weiterzugehen aber ich konnte einfach nicht mehr. Ich legte mich in meinem Clownskostüm schreiend auf die Straße und wollte nicht wieder aufstehen. Das war heute einfach zu viel für mich.

Fasching im U3 Bereich. Ist es wirklich ein Fest für die Kinder frage ich mich? Sicherlich gibt es darauf keine pauschale Antwort weil jedes Kind anders ist. Jedes Kind ist von seiner Physionomie anders aufgebaut, reagiert unterschiedlich auf Unbekanntes und kann Reize anders verarbeiten. Worüber sich Fachkräfte in jedem Fall Gedanken machen sollten, ist, ob es in der Krippe Kinder gibt, die ein Faschingsfest überfordern kann, ob Masken und Verkleidungen manchen Kindern Angst machen? Ob ein fest ohne viel Verkleidung, Masken und Schminke auskommen kann? Ob es vielleicht sogar Sinn macht, das Fest für die Kleinen ausfallen zu lassen?! Wenn es in der Krippe doch stattfinden soll, kann es reizärmer gestaltet werden? Weniger Deko, weniger laute Musik, weniger starke Geschmäcker, weniger Verkleidung?

Ist das Faschingsfest im U3 Bereich ein Fest für die Kinder oder nicht? Profitieren am Ende vielleicht doch mehr die Erwachsenen davon als die Kinder?!

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Die Kitas öffnen wieder – ein Paket zum Wiedereinstieg

Wann wird es wohl so weit sein, wann öffnen die Kitas wieder und wie wird der Alltag dann wohl sein? Diese Fragen stellen sich viele Fachkräfte und Eltern. Es wird diskutiert über die Maßnahmen, ob sie angebracht sind oder nicht und wie sehr große und kleine Kinder darunter leiden. Eine Einschätzung zur Corona Lage von mir findet ihr im Artikel: „Coronamaßnahmen und das Leid der Menschenskinder„. Jede Krise ist eine Herausforderung und gleichzeitg bietet sie eine Menge Chancen. Pandemie ist, was wir draus machen meint auch Fea Finger in ihrem Podcast Fea’s naive Welt.

Viele Menschen sind am Ende ihrer Kräfte und sehnen sich händeringend nach einer Öffnung der Kitas. Manche bangen hingegen um den Moment der Öffnung weil sie nicht wissen, wie das eigene Kind diesen Wiedereinstieg verkraften wird. Sie haben die Familienzeit eigentlich genossen und wollen diese intensive Zeit nicht so gerne aufgeben.

Um sich selbst etwas klarer darüber zu werden, was wünsche ich mir für den Wiedereinstieg in die Kita, was brauchen Eltern und was pädagogische Fachkräfte, sind in diesem Artikel und in dieser Podcastfolge: „Was kommt nach Corona? Die Rückkehr der Kinder in die Kinderbetreuung bedürfnisorientiert gestalten“ Fragen aufgelistet, die sich ein jeder für die Rückkehr stellen kann. Sie sollen dazu anhalten, sich selbst und die Situation zu reflektieren, sich in die Kinder und Eltern einzufühlen sowie Verantwortung für sich und die einem anvertrauten Menschen zu übernehmen.

(Wieder-) Eingewöhnung

Zum Wiedereinstieg wird es unerlässlich sein, dass einige Kinder eine neue Eingewöhnung bekommen. Viel zu lange waren sie nicht mehr in der Alltagsroutine der Kita, kennen sich womöglich nicht mehr aus oder fremdeln sogar. Nicht zu vergessen, die Zeit im Lockdown fühlt sich für Kinder viel länger an als für Erwachsene. Wovon ausgegangen werden kann, ist, dass die Zeit für manche Kinder mit viel Unsicherheit und Orientierungslosigkeit verbunden war. Je nach Kind kann ein Abgeben ohne neue Eingewöhnung erneut Verunsicherung hervorrufen. Deshalb sollten pädagogische Fachkräfte äußerst sensibel auf die Bedarfe von Eltern und Kindern schauen und in Übergangsphasen Sicherheit vermitteln. Viele Träger haben die Verträge mit neuen Kindern verschoben, was dazu führt, dass nun, wenn wieder geöffnet wird, viele Eingewöhnungen und Wiedereingewöhnungen auf die pädagogischen Fachkräfte warten.

Um sich nochmal allgemein mit dem Thema Eingewöhnung zu beschäftigen, gibt es zwei Folgen des Kita Podcasts: „Bedürfnisorientierte Eingewöhnung begleiten“ mit Stefanie von Brück, die ich sehr empfehlen kann. Wie eine Eingewöhnung unter Corona Bedingungen möglich ist und was dabei beachtet werden sollte, ist im Artikel „Wenn die neuen Kinder und Eltern kommen“ von Anja Cantzler nachzulesen.

Um mehrere Eingewöhnungen gleichzeitig trotzdem achtsam und bedürfnisorientiert zu begleiten, gibt es die Möglichkeit einer Eingewöhnung in der Peergroup. Informationen gibt es dazu in meinem Der Kita Podcast, bei der Kita Talk von Anja Cantzler und im Podcast für Leitungkräfte von Tanja Köster.

Welche Herausforderungen bei der Wiedereingewöhnung zu bewerkstelligen sind, damit befasst sich Kathrin Hohmann im Gespräch mit Kathrin Krüger und Monika Thiel im nifbe Podcast: Herausforderungen der Wiedereingewöhnung in Krippe und Kita

Partnerschaft mit Eltern während und nach der Pandemie

Viele Eltern werden durch den Wiedereinstieg erleichtert sein, manche brauchen jedoch auch besondere Zuwendung. Der Lockdown hat an ihnen gezehrt, sie sind verunsichert und wünschen sich eine feinfühlige Unterstützung für sich und ihr Kind. Wie sehr Eltern in dieser Zeit Verständnis brauchen, wird im Kita Talk mit Fea Finger „Achtung vor Eltern in der Pandemie“ deutlich.

Welche Herausforderung die Partnerschaft mit Eltern in der Corona Zeit birgt, welche Bedürfnisse von Kindern, Fachkräften und Eltern besonders bedacht werden dürfen und welche kreativen Lösungen es für die Partnerschaft in Coronazeiten gibt, wird hier im Interview mit mir im Kita Talk von Anja Cantzler „Erziehungspartnerschaft im Ausnahmezustand“ aufgegriffen. Auch in Fea Fingers Podcast greift sie das Thema „Elternpartnerschaft unter Pandemiebedingungen“ auf

Wieder ankommen und Verarbeitung der Krisenzeit

Krisen verunsichern, Krisen fordern heraus und Krisen hinterlassen ihre Spuren. Davon dürfen Fachkräfte bei der Wiederaufnahme der Betreuung ausgehen. Sowohl Eltern als auch Kinder werden viel Redebedarf, das Bedürfnis nach Sicherheit, Struktur und Entlastung haben.

Wie es möglich ist, den Kindern den Wiedereinstieg in die Kita zu erleichtern, den Übergang zurück in die Einrichtungen so leicht wie möglich zu machen, kann im Artikel „Übergänge gestalten – (Wieder) Ankommen in der Kita“ nachgelesen werden.

Welche Möglichkeiten es gibt, um die Coronazeit mit Kindern aufzuarbeiten, darüber spricht Kathrin Hohmann im nifbe Podcast mit Prof. Dr, Iris Nentwig Gesemann: Wie können wir mit Kindern die Corona Krise bearbeiten?

Gerade jetzt können pädagogische Fachkräfte die eigene und die Resilienz der Kinder stärken. Die innere Widerstandskraft ist es, welche Menschen unversehrt durch unruhige Zeiten wie diese bringt. Resilienztrainerin Fea Finger erklärt in ihrer Podcastfolge: „Resilienzfaktoren, die wir gerade jetzt stärken dürfen“ wie uns das gut gelingen kann.

Was alle Eltern und Fachkräfte momentan in jedem Fall gebrauchen können, ist ganz viel Kraft für die Krise wie es in einem Interview vom Kita Talk mit Sandra von der Werkstatt der guten Gedanken heißt.

Ich wünsche Ihnen allen ganz viel Kraft, Zuversicht, Achtsamkeit für das Jetzt und der optimistische Blick nach vorne, dass diese Zeit auch etwas Gutes bereitshält.

Bleiben Sie gesund,

Lea Wedewardt

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