Jedes Jahr auf’s Neue freuen sich viele Erwachsene auf das Faschingsfest. So auch Fachkräfte in den Kindergärten und Krippen. Mehrere Tage wird überlegt und geplant, um den Kindern ein ereignisreiches, schönes Faschingsfest zu ermöglichen. Die Vorfreude der Fachkräfte schwappt auf die Kinder über und sie spüren, irgendetwas Schönes steht bevor.
Dann ist der große Tag da!
Am Morgen hat Papa bereits einen großen Aufwand betrieben, um mich (Jaro 2 Jahre) ganz besonders anzuziehen. Papa hatte ein buntes Kostüm in der Hand und versuchte es mir überzustülpen. Ich wehrte mich. Es kratzte und ehrlich gesagt hätte ich meine Lieblingshose und meinen Lieblings Pullover bevorzugt. Wir haben uns deshalb gestritten. Ich wurde wütend. Am Ende bestand er darauf, dass ich das bunte Ding mit den vielen Glocken und einen roten Hut anziehe. Er zog mir die ungeliebte Klamotte über, obwohl ich dagegen war.
In der Krippe angekommen, wirkte irgendwie alles so anders als sonst, es war so bunt. Überall hingen Dinge von der Decke, es waren Plakate aufgehängt und Luftballons. “Luftballons mag ich gerne” dachte ich. Ich wusste gar nicht, wo ich zuerst hinschauen sollte. Weil ich so sehr damit beschäftigt war, mir alles anzuschauen, bemerkte ich nicht, dass Papa bereits etwas genervt war, weil ich mir die Hausschuhe nicht anzog. Ich war abgelenkt. Alles sah so anders aus und ich stellte mir die Frage, ob das wirklich mein Gruppenraum war? Ich fand mich etwas schwer zurecht.
Papa begleitet mich zum Gruppenraum. Dort würde ich endlich Steffi sehen, meine Erzieherin, darüber freute ich mich. Dann würde alles gleich im Lot sein wusste ich und auch meine beiden Freunde Tim und Carlo würde ich gleich sehen. Die Tür ging auf und ich schaute plötzlich in einen anderen Raum als sonst. “Das ist doch nicht mein Gruppenraum?!” Dachte ich verwirrt. Er sah so anders aus. “Wo ist denn eigentlich Steffi?” Fragte ich mich und suchte umher. Gleich würde Papa sich von mir verabschieden wusste ich beunruhigt, deshalb brauchte ich unbedingt Steffi. Zwei Menschen kamen auf mich zu. Ich erkannte sie nicht. Sie hatten Farbe im Gesicht und bunte Haare auf dem Kopf. Das machte mir Angst. Wer war das? Panik machte sich in mir breit. “Hier konnte ich auf keinen Fall bleiben!” Dachte ich. Ich begann, zu weinen.
Aus dem hinteren Raum kam eine weitere Person hinzu. Sie hatte eine Maske im Gesicht. Das machte mir noch mehr Angst. “Bitte schnell nachhause gehen schreit es in mir!” Erst als die Person die Maske abnahm und mit mir sprach, erkannte ich Steffi. Ich beruhigte mich ein wenig. Papa wollte nun gehen und ich begann wieder zu weinen. Ich wollte wieder nachhause, das war mir alles zu viel und zu ungewohnt. Steffi nahm mich auf den Arm, durch den Klang ihrer Stimme, konnte ich mich beruhigen und wieder in meine Mitte finden. Langsam gewann ich mein Vertrauen zurück. Auch wenn sie heute anders aussah als sonst, gab mir Steffis gewohnte Stimme Sicherheit. Zum Glück ließ sie nun die Maske ab. Denn eben, als sie sie erneut aufzog, stieg wieder Furcht in mir auf. Ein Glück verstand Steffi mich und lächelte mich mit ihrem bekannten Gesicht an.
Zu den anderen Erzieherinnen traute ich mich noch immer nicht. Ich wusste nicht, wer sie waren. Hatte ich sie schonmal gesehen oder kannte ich sie nicht? Ich wusste es nicht. Durch ihre Perücken und geschminkten Gesichter konnte ich nur schwer einschätzen, ob ich ihnen trauen konnte.
Steffi blieb an meiner Seite. Nun ging es mir ein wenig besser. Ein wenig konnte ich das Fest und das reichliche Angebot genießen, es gab Süßigkeiten und andere Leckereien. Langsam begann es, richtig Spaß zu machen. Zuhause bekam ich sonst nicht so viele Süßigkeiten. Laute und lustige Musik wurde gespielt, es wurde getanzt, gejubelt und gefeiert.
Als mein Papa mich später wieder abholte, war ich sehr erschöpft. Auf dem Nachhauseweg hatte ich noch immer die vielen Bilder vom Faschingsfest im Kopf. Sie schwirrten um mich und tauchten immer wieder in meinem Kopf auf. Plötzlich mitten auf dem Gehweg brach ich zusammen, Wut brach aus mir heraus. Mein Papa wusste nicht, was los war und bat mich, aufzustehen, um weiterzugehen aber ich konnte einfach nicht mehr. Ich legte mich in meinem Clownskostüm schreiend auf die Straße und wollte nicht wieder aufstehen. Das war heute einfach zu viel für mich.
Fasching im U3 Bereich. Ist es wirklich ein Fest für die Kinder frage ich mich? Sicherlich gibt es darauf keine pauschale Antwort weil jedes Kind anders ist. Jedes Kind ist von seiner Physionomie anders aufgebaut, reagiert unterschiedlich auf Unbekanntes und kann Reize anders verarbeiten. Worüber sich Fachkräfte in jedem Fall Gedanken machen sollten, ist, ob es in der Krippe Kinder gibt, die ein Faschingsfest überfordern kann, ob Masken und Verkleidungen manchen Kindern Angst machen? Ob ein fest ohne viel Verkleidung, Masken und Schminke auskommen kann? Ob es vielleicht sogar Sinn macht, das Fest für die Kleinen ausfallen zu lassen?! Wenn es in der Krippe doch stattfinden soll, kann es reizärmer gestaltet werden? Weniger Deko, weniger laute Musik, weniger starke Geschmäcker, weniger Verkleidung?
Ist das Faschingsfest im U3 Bereich ein Fest für die Kinder oder nicht? Profitieren am Ende vielleicht doch mehr die Erwachsenen davon als die Kinder?!
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