Woran erkenne ich eine gute Kita?

Viele Eltern fragen sich, woran eine gute Kita erkennbar ist. Auch wenn die meisten nur wenig Wahlmöglichkeit haben und froh sind, wenn sie überhaupt eine Betreuungsmöglichkeit finden, wollen sie die Einrichtung doch so bewusst wie möglich auswählen. Ihnen ist es wichtig, die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, um eine Einrichtung ausfindig zu machen, die gut ist. Sie wollen sich sicher fühlen und wissen, dass ihr Kind in der gewählten Einrichtung gut aufgehoben ist. Manchmal fehlt es jedoch an Ideen und Anhaltspunkten, woran gute Qualität in Kitas festgemacht und von außen ermittelt werden kann.

Dieser Artikel soll dabei behilflich sein, Kita-Qualität besser zu verstehen und zu ermitteln. Es werden die Parameter von Kita Qualität aufgeschlüsselt und erklärt. Außerdem wird die Relevanz und Gewichtigkeit der einzelnen Elemente genauer beleuchtet. Zuletzt bekommen Eltern Strategien an die Hand, mit denen sie die Qualität ihrer favorisierten Kita feststellen können.

Strukturqualität, Orientierungsqualität und Prozessqualität

Kita-Qualität lässt sich in drei verschiedenen Bereichen feststellen: Im Bereich der Rahmenbedingungen (Strukturqualität), der Konzeption (Orientierungsqualität) und der konkreten pädagogischen Arbeit also der individuellen menschlichen Interaktionen (Prozessqualität).

  1. Strukturqualität: Gruppengröße, Fachkraft-Kind-Schlüssel und Erzieherausbildung
  2. Orientierungsqualität: Bild vom Kind, pädagogische Grundwerte meist in der Konzeption und auf der Webseite zu sehen.
  3. Prozessqualität: Die konkrete Interaktionsgestaltung zwischen Fachkraft und Kind sowie zwischen Fachkraft und Eltern

Strukturqualität

Für eine gute Interaktionsqualität ist auch ein guter Fachkraft-Kind-Schlüssel wichtig. Gibt es zu wenig Personal macht sich Überforderung und Stress bei Fachkräften bemerkbar. Das wirkt sich wiederum auf die unmittelbare pädagogische Arbeit mit den Kindern aus. Relevant ist auch, wie viele Kinder sich in einer Gruppe befinden und wie viele Räume zur Verfügung stehen. Je nach Persönlichkeit des Kindes kann es sehr wichtig sein, zu erfahren, wie klein oder groß Räume sind und wie viel Rückzugsmöglichkeiten bereitstehen.

Eltern lassen sich manchmal jedoch zu sehr vom Äußeren einer Kita blenden. „Die Kita sieht so schön neu aus, die Räume sind so groß, hell, schön gestaltet und es gibt viele Holzspielzeuge“ sind dabei Worte, die fallen.

Damit sich Kinder in einer Kita wohlfühlen, brauchen sie jedoch etwas anderes als eine perfekt gestaltete Einrichtung, die bunt und neu strahlt. Sie brauchen eine Einrichtung, in der sie als Mensch gesehen werden, so sein dürfen wie sie sind, Wertschätzung erfahren, Bindungen eingehen, darüber Stress regulieren können und sich abgrenzen dürfen. Es geht also weniger um Äußerlichkeiten als vielmehr um die Qualität von Beziehungen, als um schön gestaltete Räume.

„Es ist egal, wie die Räume aussehen, solange warmherzige Beziehungen gelebt werden können“

Es ist schon möglich, anhand eines Raumes die pädagogische Haltung und das Bild vom Kind abzulesen. Es ist zu sehen, ob sich adultistische, also kinderfeindliche Strukturen erkennne lassen oder nicht. Ist das Fenster für Kinder zu erreichen, gibt es einen unmittelbaren Zugang zum Garten und die Kinder dürfen auch selbständig in den Garten gehen, sind alle Materialien frei zugänglich und auf Augenhöhe der Kinder, gibt es auch „gefährliches“ Material wie eine Werkecke mit Hammer, Nägeln und Säge? So lässt sich vermuten, dass den Kindern Vertrauen entgegengebracht und sie als kompetente Wesen eingeschätzt werden. Jedoch gilt immer zu bedenken, dass die Einrichtung womöglich durch einen Architekt oder durch die Kita Leitung vorgenommen wurde und nicht die Fachkräfte selbst die Raumgestaltung geplant haben. Somit lässt sich diesbezüglich nur bedingt eine Aussage darüber treffen, welche Haltung tatsächlich gelebt wird.

Orientierungsqualität

Das Konzept einer Einrichtung ist das Herzstück der pädagogischen Arbeit. So heißt es oft. Eigentlich sollte es auch so sein und jedes Team sollte sich regelmäßig mit den Inhalten befassen. Steht im Konzept etwas von Partizipation will man von außen auch davon ausgehen, dass Partizipation drin ist. Die Realität sieht jedoch oft anders aus. Ein Konzept kann noch so schön formuliert sein: Es ist etwas vom Schutzkonzept zu lesen oder von einem individuellen Eingehen auf das Kind. Wie diese Standards jedoch in die Praxis von jeder einzelnen Fachkraft gelebt werden, ist oft sehr unterschiedlich. Das liegt daran, dass jeder Mensch aufgrund seiner eigenen Erfahrungen Begriffe unterschiedlich auslegt und unterschiedlich lebt. Partizipation kann für den einen beispielsweise bedeuten, die Kinder abstimmen zu lassen, was für eine Schaukel gekauft wird, für den anderen bedeutet es, die Kinder auch mitentscheiden zu lassen, wann sie von wem gewickelt werden.

Im Konzept der Einrichtung lässt sich ablesen, welche Schwerpunkte die Kita setzte, worauf sie besonders viel Wert legt, ob auf Sport, Musik oder Natur. Wovon jedoch auch ausgegangen werden sollte ist, dass ein Konzept unterschiedlich verstanden und in der Realität gelebt wird.

Deshalb sollte der Hauptfokus bei der Feststellung von Qualität nicht so sehr auf dem Studieren des Konzepts liegen, als vielmehr auf der Beobachtung von gelebter Beziehungsgestaltung (Prozess Qualität). Eltern sollten beispielsweise die Möglichkeit einer Hospitation in Anspruch nehmen, um zu erleben, wie mit Kindern interagiert, wie mit Bedürfnissen umgegangen wird, wie Konflikte begleitet und Grenzen geachtet werden.

Kriterien einer guten Prozess-Qualität

Eine gute Prozess-Qualität lässt sich daran messen, wie achtsam und feinfühlig Fachkräfte auf die Bedürfnisse von Kindern und Eltern eingehen. Ganz konkret kann die Interaktionsqualität an folgenden Parametern beobachtet werden:

  1. Gestaltung der Begrüßung/Verabschiedung
  2. Umgang der Fachkraft mit herausfordernden Situationen des Kindes
  3. Umgang der Fachkraft mit den Gefühlen der Kinder
  4. Umgang mit Konflikten zwischen Kindern
  5. Umgang mit Konflikten zwischen Fachkraft und Kind
  6. Umgang mit den Grenzen der Kinder
  7. Grad an Partizipation
  8. Umgang mit Eltern
  9. Achtsame Sprache

1. Begrüßung/Verabschiedung

Kinder und Eltern werden freundlich begrüßt, gesehen und angenommen. Kinder und Eltern werden aktiv dabei unterstützt, den Übergang zu bewältigen. Bedürfnisse werden wahrgenommen und beantwortet. Grenzen werden geachtet. Kein Kind wird zum Begrüßen/ Verabschieden gezwungen. Die Gefühle der Trauer und eventuell der Angst dürfen sein und werden liebevoll begleitet. Zeigen Kinder Signale, dass sie eine Hand brauchen, einen Arm oder konkrete Unterstützung beim Abschiednehmen, sollten diese Signale beantwortet werden.

2. Umgang der Fachkräfte mit herausfordernden Situationen des Kindes

Kommen Kinder in herausfordernde Situationen oder stehen vor einem Problem, gibt die Fachkraft den Kindern Raum zum Wachsen. Sie nimmt Kindern nicht alles ab oder vermeidet Frustrationen. Wenn Frustration aufkommen begleitet die Fachkraft die Kinder liebevoll. Kommt das Kind alleine nicht weiter, reagiert die Fachkraft feinfühlig und gibt passende Unterstützung, findet gemeinsam mit dem Kind Lösungen und unterstützt so, dass das Kind Erfolgserlebnisse hat.

3. Umgang der Fachkraft mit den Gefühlen der Kinder

Besonders wichtig für die Interaktionsqualität ist der Umgang der Fachkräfte mit den Gefühlen der Kinder. Können sie Gefühle wahrnehmen, differenzieren und benennen? Sind sie fähig, auch starke Gefühle wie Ärger und Frust achtsam zu begleiten ohne selbst überfordert zu werden, sich abzuwenden, zu drohen oder zu strafen? Wie reagieren Fachkräfte auf Gefühle der Kinder? Zugewandt und feinfühlig oder fallen Sätze wie: „Zick nicht rum!“, „So schlimm ist das auch nicht!“ oder „Jetzt hör mal auf mit dem Drama!“? Begleiten Fachkräfte aufkommende Gefühle von Kindern zugewandt und in Beziehung ist im Gefühlsaspekt von einer guten Prozess-Qualität auszugehen.

4. Umgang mit Konflikten zwischen Kindern

Der Umgang der Fachkraft mit Konflikten zwischen Kindern ist ein guter Indikator dafür, wie gut die Interaktionsqualität in dieser Gruppe ist. In einer Konfliktsituation kann abgelesen werden, ob Gefühle zugelassen, Bedürfnisse verbalisiert und eine moderierende Aushandlung stattfindet oder ob Konflikte als etwas Schlechtes bewertet werden, indem sie schnell beendet, Kinder auseinandergenommen, schnell durch die Fachkraft geklärt werden. Fallen Worte wie: „Hört mal auf damit!“ oder „Wir streiten hier nicht!“ ist davon auszugehen, dass Konflikte für die Fachkräfte nicht willkommen sind. Wenn die Fachkraft hingegen dazu in der Lage ist, die Perspektiven und Interessen der Kinder ernst zu nehmen, ihre Gefühle zu begleiten und bei der Lösungsfindung unterstützend zur Seite zu stehen, zeugt das von einer guten Prozess-Qualität.

Umgang mit Konflikten zwischen Fachkraft und Kind

Geraten die Fachkraft und ein Kind in einen Konflikt, ist ebenso gut abzulesen, wie hoch die Interaktionsqualität ist. Übergeht die Fachkraft ein „Nein“ des Kindes, nimmt sie seine Meinung nicht ernst, bestimmt sie, entscheidet sie über den Kopf des Kindes hinweg, ist sie bei Verweigerungen des Kindes gekränkt, reagiert patzig oder geht aus der Beziehung, bedeutet das keine gute Prozess-Qualität. Kann eine Fachkraft jedoch die Meinung des Kindes ernst nehmen, in einen gleichwürdigen Dialog zwischen Interessen eintreten, bei dem beiden Parteien der gleiche Wert zugesprochen wird und in einem Aushandlungsprozess gemeinsame Lösungen erarbeitet sowie Kompromisse geschlossen werden, kann in dem Punkt von einer guten Prozess-Qualität gesprochen werden.

Umgang mit den Grenzen der Kinder

Inbesondere in den Strandardsituationen zeigt sich, ob Grenzen von Kindern gewahrt werden: Essen, Schlafen, Wickeln/Toilette, Anziehen. Dürfen die Kinder bei diesen Routinen mitbestimmen, werden ihre körperlichen Grenzen geachtet und ihr „Nein“ akzeptiert? Darf ein Kind beispielsweise mitentscheiden, von wem es, wo und wann gewickelt wird? Wenn ein Kind die Matschhose nicht anziehen will, gibt es Raum für Aushandlung oder wird über das Kind bestimmt und seine Grenzen übergangen? Muss ein Kind in der Essenssituation etwas bestimmtes essen bevor es den Nachtisch essen darf? Muss ein Kind in der Ruhephase liegen bleiben obwohl es nicht müde ist? Darf ein Kind“Nein“ sagen zu Anweisungen von Erwachsenen oder wird dann gedroht oder gar bestraft? All das sind Schlüsselmomente, in denen eine gute oder weniger gute Prozess-Qualität sichtbar werden kann.

Grad der Partizipation

Der Umgang mit Grenzen der Kinder ist eng verzahnt mit der Partizipation der Kinder. Es reicht nicht aus, Partizipation im Konzept verankert zu haben und regelmäßige Kinderkonferenzen einzuberufen, in denen Kinder über etwas abstimmen können. Eine gelebte Partizipation bedeutet, in Fachkraft-Kind-Interaktionen beobachten zu können, dass das Kind in Entscheidungen, die es selbst betreffen, miteinbezogen wird und seine „Beschwerden“ wahrgenommen werden. Bereits im Krippenalter „beschweren“ sich Kinder beispielsweise darüber, dass ihre Lieblingsbezugsperson nicht da ist, indem sie weinen. Entscheidend ist, ob die Fachkräfte diese Beschwerden wahrnehmen, ernst nehmen und feinfühlig begleiten.

Umgang mit Eltern

Prozess Qualität bedeutet auch, feinfühlig mit den Eltern umzugehen. Eltern sollen mit ihren Gefühlen und Bedürfnissen gesehen und ernst genommen werden. Auch die Grenzen der Eltern sollten in der Erziehungspartnerschaft eine Rolle spielen. Werden die Gefühle der Eltern beispielsweise in der Eingewöhnung nicht ausreichend ernst genommen, werden Anliegen von Eltern abgetan und Grenzen übergangen, zeugt dies von keiner guten Kita Qualität. Manchmal kommt es jedoch vor, dass Fachkräfte sehr feinfühlig mit Kinder sein können, jedoch weniger mit den Eltern. Wenn das festzustellen ist und keine andere Kita zur Verfügung steht, kann es sinnvoll sein, die eigenen Bedürfnisse und Gefühle hinten anzustellen zugunsten des Kindes. Wichtig ist in aller erster Linie, dass sich das Kind wohlfühlt.

Achtsame Sprache

Ein wichtiger Hinweis für eine gute Prozess-Qualität ist die Wortwahl der Fachkräfte. Sprechen sie zugewandt, wertschätzend und wertfrei oder bewerten, stigmatisieren, vergleichen, manipulieren oder drohen sie sogar? Bei der Wahl der Worte werden die psychischen Grenzen der Kinder geachtet oder übergangen. Aus diesem Grund ist es so wichtig darauf zu achten, wie Fachkräfte mit Kindern sprechen. Bei einer gleichwürdigen, bedürfnisorientierten, authentischen, gefühlsbetonten und wertschätzenden Sprache ist von einer guten Interaktionsqualität auszugehen.

In 4 Schritten die Kita-Qualität feststellen

Mit den folgenden Schritten können Eltern die Qualität einer Kita ermitteln:

  1. Webseite betrachten (Struktur/ Orientierungsqualität)
  2. Konzeption lesen (Orientierungsqualität)
  3. Gespräch vereinbaren (Struktur-/ Orientierungs- / Prozessqualität)
  4. Hospitation vereinbaren (Prozessqualität)

1. Webseite betrachten

Zunächst können Eltern die Webseite einer Kita betrachten, um erste Anhaltspunkte darüber zu finden, welchen Werten die Kita folgt und wo der Schwerpunkt der pädagogischen Arbeit liegt: Ist sie eher Sport-fokussiert, musisch-kreativ, naturnah, arbeitet sie nachhaltig, mit einer bestimmten pädagogischen Ausrichtung wie Waldorf, Montessori oder Freinet, sind die Gruppen offen gestaltet oder arbeitet die Kita geschlossen in Stammgruppen mit festen Bezugspersonen. Die pädagogischen Ausrichtungen können bereits wichtig sein, um herauszufinden, ob die Einrichtung zur Persönlichkeit des Kindes passt.

Nicht jede Kita ist für jedes Kind geeignet. Kinder sind sehr unterschiedlich. Je nachdem, welches Temperament sie haben, welche Persönlichkeitseigenschaften, braucht ein Kind gewisse Rahmenbedingungen, um sich wohlzufühlen. Für sensible Kinder sind meist offen arbeitende Kitas weniger zu empfehlen. Für sehr interessierte, neugierige Kinder, die weniger bindungsbezogen sind, kann eine offen arbeitende Kita dienlicher sein, da sie dort mehr Bewegungsfreiraum und mehr materielles Angebot vorfinden. Sensible Kinder fühlen sich hingegen oft bei gleichbleibenden Bezugspersonen, in kleinen und gleichbleibenden Räumen sicherer.

2. Konzeption lesen

Die Konzeption kann Anhaltspunkte dafür bieten, zu erfahren, welche pädagogische Haltung und welches Kindbild die Kita vertritt. Allerdings ist bei der Konzeption Vorsicht geboten, da die Auslegungsvarianz der verfassten Haltung in der Praxis sehr breit ist. Konzeptionen klingen oft schön, jedoch wird nur selten einheitlich gelebt, was geschrieben ist (vgl. Orientierungsqualität).

„Die Auslegungsvarianz einer Konzeption ist oft sehr breit. Sie wird in der Praxis sehr unterschiedlich verstanden und gelebt.“

3. Gespräch

In einem Erstgespräch können bereits viele individuelle Fragen gestellt werden. Auch die eigenen Werte und Erwartungen können darin zum Tragen kommen und Gehör finden.

Ob ein Erstgespräch gewährt wird und wie die Reaktion der Fachkräfte im Gespräch ist, kann ein guter Hinweis dafür sein, wie gut die Kita arbeitet. Wird ein Erstgespräch verweigert, ist das bereits ein schlechtes Zeichen und eine andere Kita sollte ausfindig gemacht werden. Wird ein Gespräch ermöglicht, können darin bereits erste Anhaltspunkte dafür gesammelt werden, wie die Fachkräfte auf mich als Eltern reagieren, wie ernst sie mich mit meinen Anliegen nehmen und wie relevant eigene Erwartungen und Bedürfnisse für sie sind.

Für das Gespräch können folgende Fragen und Anliegen hilfreich sein:

  • wie ist die Personalsituation? (Wichtig, um den Stressfaktor für das Kind zu ermitteln)
  • Wie groß sind die Gruppen?
  • Wie hoch ist die Fluktuation von Fachkräften? Wie stabil ist das Team (Wichtig um herauszufinden, wie stabil Beziehungen sein können und wie hoch das Konfliktpotenzial im Team ist)
  • Kann ich (in der Eingewöhnung) mit einer relativ konstanten Bezugsperson rechnen?
  • Wie lange darf ich mir für die Eingewöhnung Zeit nehmen?
  • Werde ich an den Schritten der Eingewöhnung beteiligt?

Was ich mir für mein Kind in der Kita wünsche:

Mir ist es wichtig, dass …

… mein Kind selbst bestimmen darf, was auf seinen Teller kommt, was es isst und wie viel. Es soll auch einen Nachtisch bekommt, wenn es nichts von der Hauptspeise gegessen hat.

… mein Kind nicht bestraft wird, nicht als Auszeit an den Tisch oder in die Garderobe gesetzt wird.

… meinem Kind bei Fehlverhalten Verständnis entgegengebracht wird und es nicht bestraft oder vorgeführt wird.

… mein Kind mitentscheiden darf, ob es schläft oder nicht.

… mein Kind mitbestimmen darf, wann es von wem und wo gewickelt wird/ auf Toilette gehen mag.

… mein Kind selbst entscheiden darf, an welchen Angeboten es teilnimmt und an welchen nicht.

… mein Kind mit all seinen Gefühlen ernst genommen wird und sein darf, dass es getröstet wird und auch mit seinem Ärger und seiner Angst gesehen wird.

… mein Kind sich abgrenzen und „Nein“ sagen darf

Die Reaktionen auf die formulierten Anliegen gibt Aufschluss darüber, wie zugewandt und familienorientiert in der Einrichtung gearbeitet wird.

„Die Hospitation ist der wichtigste Schritt, um die Qualität einer Einrichtung festzustellen!“

4. Hospitation: Die Hospitation ist der wichtigste Schritt, um die Qualität einer Einrichtung festzustellen. Denn letztlich bringt kein Konzept und keine ausreichend guten Rahmenbedingungen etwas, wenn die festgeschriebene Haltung nicht tatsächlich gelebt wird. In einer Hospitation, möglichst in der vorgesehen Gruppe können Eltern beobachten, wie die potenziellen Bezugspersonen die Kriterien der Prozessqualität in der Praxis umsetzen (vgl. Prozessqualität). Eltern können beobachten, wie Fachkräfte die Gefühle der Kinder begleiten, wie sie mit ihren Gefühlen umgehen, Konflikte moderieren und wie sie ihre Grenzen achten. Empfehlenswert für die Beobachtung sind die klassischen Standardsituationen wie Essen, Schlafen und Rausgehen. Darin entstehen häufiger Konflikte als in entspannten Spielsituationen und eigenen sich deshalb hervorragend, um zu beobachten, wie achtsam mit den Bedürfnissen der Kinder umgegangen wird.

Wird Eltern eine Hospitation verweigert oder zumindest kritisch beäugt, kann die Kita als nicht ausreichend gut bewertet und abgehakt werden. Jede Einrichtung sollte dazu bereit sein, Eltern einen Einblick in ihre pädagogische Arbeit zu geben. Ist das nicht der Fall ist davon auszugehen, dass sie auch künftig wenig transparent arbeiten, die Bedürfnisse von Eltern wenig ernst nehmen sowie wenig Offenheit zeigen für Impulse von außen.

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Man kann nicht alles auf den Personalschlüssel schieben – die Haltung ist entscheidend!

Ich lehne mich heute vermutlich sehr weit aus dem Fenster, vermutlich werde ich auch einen SHITSTORM auslösen. Ich möchte meine Gedanken dennoch mit euch teilen:

Ja die Situation mit dem FACHKRÄFTEMANGEL ist schlimm und ja es ist keine ausreichende pädagogische Arbeit möglich weil es viel zu viele Kinder auf viel zu wenige Fachkräfte gibt. Ich gebe euch Recht. Diese nicht zu verleugnende Tatsache möchte ich mit diesem Artikel nicht in Abrede stellen. Ich breche deshalb an dieser Stelle nochmal eine Lanze für all die hervorragenden pädagogischen Fachkräfte, die trotz mangelnder Anerkennung und wirklich harter Arbeit für unsere Kinder da sind. VIELEN DANK DAFÜR!

Dauer Argument Personalschlüssel

Dennoch muss ich sagen, dieses DAUER-ARGUMENT “Personalschlüssel” geht mir mittlerweile gehörig auf die Nerven. Alle Probleme, Missstände und Unannehmlichkeiten der Kinderbetreuung werden auf den Personalschlüssel geschoben. 

“es würden nicht so viele Missstände auftreten wenn der Personalschlüssel besser wäre”

“Die Qualiät wäre besser, wenn der Personalschlüssel besser wäre”

“man könnte mehr bedürfnisorientiert arbeiten wenn man mehr Personal hätte” usw.

Das mag auch in weiten Teilen stimmen und manche Qualitätsbereiche leiden sicherlich auch darunter.

Der Personalschlüssel ist nur ein Teil der Wahrheit

Meines Erachtens ist der Personalschlüssel allerdings nur ein Teil der WAHRHEIT!

Es wird dabei ein ganz entscheidender Faktor außer Acht gelassen: es sind Menschen, die in den Einrichtungen arbeiten, die alle mit ihrer eignen Geschichte, mit ihrer eigenen tief verankerten meist unbewussten Vorstellung von Erziehung mit den Kindern in Kontakt treten. Es sind Menschen, die ihr eigenes INNERES KIND (https://www.psychomeda.de/lexikon/inneres-kind.html) unbewusst mit in die sozialen Interaktionen nehmen.

Aus der Bindungsforschung ist bekannt, dass wir immer in STRESSIGEN Situationen auf unsere tief verankerten Handlungsstrategien zurückgreifen. Diese Strategien haben sich in der Kindheit aufgebaut und festgelegt. In der Bindungsforschung spricht man auch vom INNEREN ARBEITSMODELL (Grossmann & Grossmann, 2004). In den meisten Fällen können wir Menschen dann nur sehr schwer darauf zurückgreifen, was wir in der Ausbildung gelernt, was wir an Fachwissen gewonnen oder uns fest vorgenommen haben. Lest dazu auch meinen Artikel „Warum sich pädagogische Fachkräfte mit ihren eigenen Kindheitserfahrungen, Beziehungsmustern und Glaubenssätzen auseinandersetzen sollten?“

Entscheidend ist die innere Haltung zum Kind

Die innere HALTUNG zum Kind wird maßgeblich durch die eigene Kindheit geprägt. Wenn eine Fachkraft beispielsweise tief verankert den Glaubenssatz mit sich trägt: “Kinder wollen mich ärgern, wollen Situationen austesten, mich herausfordern, mir auf der Nase herumtanzen” gehe ich in Momenten der Überforderung anders mit Kindern um, als wenn ich in mir trage: “Kinder sind kompetente Wesen, die mich als Begleitung brauchen um ihre eigenen Lernziele zu verfolgen, Kinder geben in jedem Moment das Beste, was sie können und sind an Kooperation interessiert.

und die Feinfühligkeit

Ob ein Kind bei einer Fachkraft gut aufgehoben ist (Prozessqualität), bemisst sich auch daran, ob sie sich auf das Kind und seine Bedürfnisse FEINFÜHLIG und RESPONSIV (Remsperger, R., 2011) einstellen kann. Wenn in konfliktreichen Situationen (die es auch gibt, wenn der Personalschlüssel gut ist) eigene innere traumatische Erfahrungen oder Konflikte unbewusst zu Tage treten und sich in der Interaktion mit dem Kind Bahn brechen, kann auch ein besserer Personalschlüssel nur wenig daran ändern. 

BEISPIEL: Eine Fachkraft trägt tiefsitzende Verletzungen hinsichtlich des Gefühls “Wut” unbewusst in sich. Sie hat in ihrem früheren Leben die Erfahrung gemacht, wenn ich wütend bin, werde ich in mein Zimmer geschickt und meine Eltern schimpfen mit mir. Wenn das der Alltag ist, hat sie für’s Leben gelernt, dass sie Wut lieber nicht mehr zeigen sollte. Sie hatte keine positiven Folgen für sie. Sie schließt Wutgefühle folglich für sich ins Unbewusste weg – verdrängt sie. In Konfliktsituationen mit Kindern wird sie allerdings immer wieder mit der Wut, der Wut der Kinder konfrontiert. Im Durchschnitt kann man sagen, dass sicherlich mindestens einmal pro Tag eine Situation auftritt, in der Kinder wütend sind (trotzig), eher häufiger. Jedes Mal wird sie mit ihrer eigenen unverarbeiteten Wut und ihren Glaubenssätzen diesbezüglich konfrontiert. Sie wird unsicher, ohnmächtig, bekommt Angst und reagiert folglich vermutlich wenig feinfühlig auf die Kinder. 

Dass der Personalschlüssel erstaunlich wenig mit der Interaktion der Fachkräfte mit den Kindern zu tun hat, zeigt auch die Wissenschaft. Die neuen OECD Berichte zeigen das (www.oecd.org).

Im SWR2 Forum haben die drei renommierte Fachleute Prof. Dr. Sabine Andresen, Prof. Dr. Fabienne Becker-Stoll und Prof. Dr. Remo H. Largo über das Thema „Kita-Stress“ diskutiert und ebenso meine Annahme bestätigt:

„es hängt erstaunlich wenig an diesen Rahmenbedingungen, sondern es hängt an den sozial emotionalen Fähigkeiten der Bezugserzieherin, gute feinfühlige Interaktionen zu den Kindern aufzunehmen. Also wir wissen, dass die Verdopplung des Personals kaum etwas an der Interaktion zwischen Erzieherinnen und Kindern im Sinne Feinfühligkeit, individuelle Zuwendung, emotionaler Regulation, guter Lernbegleitung, Ansprache ändern würde“

Reflexionsbereitschaft eher bei feinfühligen Fachkräften

Ein guter Personalschlüssel kann dazu beitragen, dass die stressigen, überfordernden Situationen nicht so häufig vorkommen, die Persönlichkeitsmerkmale einer Fachkraft werden sich aber nicht so schnell ändern. Fachwissen und Fortbildungen sind natürlich eine Stütze und können Reflexionen anstoßen. Das innere Kind zu verändern braucht allerdings Zeit, eine große Portion Offenheit, Reflexionsbereitschaft und VERÄNDERUNGSWILLE. Denn eine innere Veränderung kann unter Umständen auch sehr schmerzvoll sein.

Eine solche REFLEXIONSBEREITSCHAFT erlebe ich (subjektive Beobachtung!) meistens jedoch bei den Fachkräften, die sowieso schon feinfühlig sind und sich gut auf die Bedürfnisse der Kinder einstellen können. Feinfühlige Fachkräfte sind meist auch diejenigen, die sich auf Reflexionsübungen freuen und der Auseinandersetzung mit dem Selbst etwas positives abgewinnen können.

Meine Erfahrung aus der beruflichen Praxis ist, dass Fachkräfte, bei denen es mir kalt den Rücken runter läuft, wenn sie mir von ihren Erziehungsvorstellungen berichten, genau diejenigen sind, die auch Reflexion und Veränderung weitestgehend ablehnen. „Läuft doch alles“, “das haben wir schon immer so gemacht”, “mir hat es auch nicht geschadet”. Jedes Mal wenn ich diese Sätze höre, denke ich, “wie tief die Verletzungen sein müssen, dass Reflexion und Veränderung eine so vehemente Ablehnung erfährt  

Was ist die Lösung?

Mein Ziel ist es nicht mit dem Finger auf Fachkräfte zu zeigen. Mein Ziel ist es, die Bedeutung der Reflexion eigener Wesensanteile für Fachkräfte deutlich zu machen, um so die Feinfühligkeit sowie die Prozessqualität in den Einrichtungen zu erhöhen.

Eine LÖSUNG habe ich auch nicht. Denn was soll man tun, wir haben viel zu wenige Fachkräfte und brauchen händeringend neue. Wir haben nicht genug Fachschullehrer, nur zum Teil kompetente Fachschullehrer und ein Curriculum, das eine falsche Priorität in der ErzieherInnenausbildung setzt. Der Fokus müsste viel mehr auf BIOGRAFIEARBEIT, Selbsterfahrung und Selbstreflexion gelegt werden.

Liebe Grüße, Lea

Grossmann K. E. & Grossmann, K. (2004): Bindungen – das Gefüge psychischer Sicherheit. Stuttgart: Klett-Cotta Verlag.

Remsperger, R. (2011): Sensitive Responsivität. Zur Qualität pädagogischen Handelns im Kindergarten. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.


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