Meine Motivation – die Praxis der Kinderbetreuung verändern

ich freue mich sehr, dass du den Weg zu meinem Blog „Bedürfnisorientierte Kinderbetreuung“ gefunden hast. Ich freue mich, dass du gemeinsam mit mir neue Ideen entwickeln möchtest, wie man die Betreuung in Krippe, Kita, Hort und in der Kindertagesbetreuung zugunsten des Kindeswohls verbessern kann.

Ich bin Kindheitspädagogin (M.A.) und habe in meiner Arbeit im Qualitätsmanagement in Kitas und als Dozentin in der ErzieherInnenausbildung viele Krippen, Kitas und Horte sehen dürfen. Ich bin nach wie vor erschrocken, wie Kinder in manchen Einrichtungen betreut werden. Es werden Gefühle bagatellisiert, individuelle Entwicklungsbedarfe der Kinder ausgeblendet, Kinder beschämt, bestraft und ihre Bedürfnisse werden übergangen. Meine Einschätzung wird jüngst durch das Buch „Seelenprügel“ von A. E. Ballmann und das Buch „Gewalt durch pädagogische Fachkräfte verhindern“ von Jörg Maywald bestätigt. Auch das Niedersächsische Institut für frühkindliche Bildung veröffentlichte kürzlich einen Artikel zu Übergriffen im Kita-Alltag.

Selbstverständlich gibt es auch hervorragende Einrichtungen und ErzieherInnen, die täglich ihr bestes geben. Ich ziehe meinen Hut vor engagierten PädagogInnen, die eine wirklich wichtige Arbeit leisten innerhalb schlechter Rahmenbedingungen und mangelnder Anerkennung. Das möchte ich in meinem Blog auch keines Wegs in Zweifel ziehen!

Dennoch bin ich der Meinung, dass es an vielen Stellen in der Kindertagesbetreuung ein Umdenken braucht! Es ist mir ein inneres Anliegen, die Grenzüberschreitungen in der Kindertagesbetreuung zu verringern und die Qualität der Kindertagesbetreuung maßgeblich zu verbessern. Dafür ist eine Bindungs- und bedürfnisorientierte Pädagogik die Grundlage und ein absolutes Muss!

Die Bindungs- und Bedürfnisorientierte Erziehung in der Familie erhält dank vieler mir hoch geschätzter KollegInnen (Geborgen Wachsen, das gewünschteste Wunschkind, Dr. Herbert Renz Polster, Nora Immlau, die Artgerecht-Bücher von Nicola Schmidt uvm.) immer mehr Aufmerksamkeit und immer mehr Anhänger. Neben der Bedürfnisorientierten Erziehung in der Familie, vergrößert sich die Bewegung zum achtsamen Leben und auch die Glücksforschung gerät immer mehr in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.

Was mir bei der Beobachtung von Bewegungen, Blogs und Communities allerdings noch auffällt ist, dass es sehr viel Kritik und Unzufriedenheit dieser Anhänger hinsichtlich der öffentlichen Kinderbetreuung gibt. „jetzt habe ich mein Kind mehrere Jahre bedürfnisorientiert begleitet und nun kommt es in einen Kindergarten, der nicht nach den Maximen einer Bindungs- und Bedürfnisorientierten Erziehung arbeitet“. Die Community der „Kindergartenfrei“ Bewegung nimmt deshalb meiner Einschätzung nach rasant zu und die Kritik an der öffentlichen Kinderbetreuung wird lauter. Eltern sehen ihre Kinder in den Einrichtungen nicht mehr gut betreut. Sie nehmen eine Haltung der Fachkräfte wahr, die nicht den Bedürfnissen der Kinder entspricht, nehmen wenig feinfühliges und zum Teil auch kindeswohlgefährdendes Verhalten der Fachkräfte wahr. Das deckt sich auch mit meinen Erafahrungen in meiner Arbeit.

Eine Bindungs- und Bedürfnisorientierte Kindertagesbetreuung ist bisher eine Ausnahme. Vereinzelte Einrichtungen beginnen nun ihre Konzepte danach auszurichten. Vereinzelte Eltern wollen bedürfnisorientierte Einrichtungen.

Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, die Bindungs- und Bedürfnisorientierte Begleitung von Kindern auf die Kindertagesbetreuung zu übertragen. Ich habe das Ziel, Fachkräfte für die Bedürfnisse der Kinder zu sensibilisieren, Eltern darin zu bestärken, bestimmte Verhaltensweisen von Fachkräften nicht hinnehmen zu müssen und Auszubildenden als Start in ihren Beruf eine Haltung mitzugeben, die die Kompetenz der Kinder und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellt. Ich möchte Einrichtungen darin unterstützen, bedürfnisorientierte (BO) Pädagogik zum Hauptfokus ihres Konzeptes zu machen. Ich möchte mit Fachkräften in den Dialog gehen, um Haltungen und die Sicht auf Kinder zu verändern. Mir ist es ein steter Wunsch das Feingefühl (die Feinfühligkeit) pädagogischer Fachkräfte für die Bedürfnisse der Kinder zu sensibilisieren.

In unserer Gruppe „Bedürfnisorientierte Kinderbetreuung“ https://www.facebook.com/groups/803032766817595/ auf Facebook möchte ich mit euch gemeinsam überlegen, was es bedeutet, die bedürfnisorientierte Erziehung in Krippen, Kitas und Horte zu bringen. Also sei dabei und verändere mit mir die Kinderbetreuung.

Liebe Grüße, eure Lea

4 Antworten auf „Meine Motivation – die Praxis der Kinderbetreuung verändern“

  1. Habe deine Artikel gelesen und freue mich. Endlich habe ich jemanden gefunden der genau darüber schreibt wie ich im Kindergarten versuche zu arbeiten jeden Tag die Kraft aufbringe.
    Aber jeden Tag mit verurteilung Kämpfe weil es so nicht richtig ist nach Meinung meiner Arbeitskollegen. Ich bin verzweifelt und mein Arbeitsvertrag steht kurz vor einer Kündigung. Ich würde mich über Unterstützung, Stärkung über Aufklärung freuen . Falls es eine Lösung gibt dann würde ich mich über Antwort freuen.
    Liebe Grüße Susann

  2. Hallo Lea,
    ich habe gerade dein Buch über bedürfnisorientierte Kinderbetreuung gelesen und auch den Artikel zu deiner Motivation. Auch mir sprichst du aus der Seele. Seit ca. 3-4 Jahren bin ich auf dem Weg , mein Leben mit meiner Familie bindungs- und bedürfnisorientiert zu leben. Spätestens seit der Geburt meiner Tochter vor drei Jahren versuche ich dieses Konzept aus tiefster Überzeugung zu leben und stoße im Alltag, in meiner Ursprungs-Familie und auch in der Kinderbetreuung immer wieder auf Ablehnung, Unaufgeklärtheit und Vorurteile. Was die Kinderbetreuung anbelangt suchen wir auch da nach einer an den Werten der bindungs- und bedürfnisorienierten ‚Erziehung‘ angelenhten Betreuung. Und was ich da so gesehen und mitbekommen habe (allein beim Eingewöhnungsversuch), bestätigt den Eindruck, den du aus der Praxis bekommen hast und der mich nicht sehr zuversichtlich macht eine solche Betreuung zu finden. Da werden Kinder an den Armen durch den Raum gezerrt weil sie den Morgenkreis „stören“, vor der Gruppe lächerlich gemacht weil sie Dinge nicht verstehen und nach dem Abschied der Eltern weinende Kinder sich selbst überlassen. Ganz schlimm finde ich auch den oftmals ironischen/zynischen Unterton mit dem teilweise Fragen von Kindern beantwortet werden.
    Bei einem Kennenlerngespräch bei einer Kita sagte man mir auf meine Frage wie das mit der Mittagsruhe gehandhabt würde, dass alle Kinder sich hinlegen (ohne Alternativangebot), weil die Fachkräfte sich ja auch mal ausruhen müssten. Ich habe sehr viel Verständnis für die Bedürfnisse der Fachkräfte, jedoch empfinde ich diese Handhabung ganz und gar nicht kindgerecht. Wo bleiben die Bedürfnisse der Kinder?!
    Einer Tagesmutter und vier Kitas haben wir aus diesen Gründen bereits eine Absage erteilt und uns bislang entschieden unsere Tochter selbst zu betreuen. So einen Kita-Alltag, den ich bisher erlebt habe wollte ich unserer Tochter nicht zumuten. Nun versuchen wir es im August erneut, da es auch Faktoren gibt, die uns eine weitere alleinge Betreuung erschweren. Mein Freund und ich arbeiten jeweils nur wenige Tage in der Woche um unsere Tochter zu betreuen. Das ist auf Dauer finanziell sehr belastend. Wir haben wenige Netzwerke, auf die wir zurückgreifen können. Zudem würden wir unserer Tochter (jetzt im Alter von drei Jahren) auch gern ermöglichen mehr mit anderen Kindern in Kontakt zu kommen (außerhalb von Spelplätzen, Musikkursen etc.).
    Aber bei den bisherigen Erfahrungen glaube ich nicht so recht, dass dieser so notwendige Wandel der Haltung Kindern gegenüber so schnell in die Praxis gelangen wird.
    Damit meine ich keinenfalls, dass all die Bemühungen umsonst sind, nur dass es noch ein langer langer Weg sein wird. (Das sind selbstverständlich meine persönlichen Erfahrungen, die von anderen ganz anders erlebt werden können).
    Zum Schluss noch die Frage an dich nach Tipps/Hinweisen zu bedürfnisorientiert arbeitenden Kitas in Berlin. Meine Recherchen ergaben da bislang sehr wenig…
    Liebe Grüße
    Sonja

  3. Liebe Lea,
    auch mir sprichst du aus der Seele; das Buch „Seelenprügel“ habe ich auch (gelesen). Dein pädagogischer Ansatz ist auch der Meine. Ich bin seit 10 Jahren Kindheitspädagogin BA und habe stets versucht, in den Einrichtungen, wo ich tätig war, qualitativ etwas zu verbessern und bin immer wieder gescheitert, sodass ich jetzt, nach 31 Jahren Erzieherinnendasein, keine Kraft mehr habe, gegen diese Zustände hier anzukämpfen und mich rausgenommen habe. Ich bin eigentlich schon seit drei Jahren in einer Depression/Burnout; nur habe ich das bisher immer ignoriert und weitergemacht. Jetzt bin ich in der Sinnkrise und möchte auf jeden Fall in meinem Leben Veränderung. Ich suche nach Menschen, die auf meinem Level sind, und eine solche Person scheinst du zu sein. Zunächst werde ich eine stationäre Therapie in Angriff nehmen, weil sich das Ganze schon so sehr manifestiert hat. Aber auf jeden Fall muss und will ich aus diesem Arbeitsumfeld raus, in dem es keine Wertschätzung gibt und qualitative Standards in der Kinderbetreuung eklatant missachtet und auch vom Träger geduldet werden.
    Gern würde ich eine eigene, bedürfnisorientierte Kinderbetreuung aufziehen/anbieten, aber leider wohne ich in einer sehr dünn besiedelten Gegend (Nordthüringen), wo es genügend herkömmliche Betreuungsplätze gibt. Ich weiß, dass viele Eltern unzufrieden mit der Betreuung sind, denke aber nicht, dass sie unbedingt mehr Geld für eine bessere Betreuungsqualität aufbringen können/wollen.
    Auf deine Rückmeldung bin ich sehr gespannt.
    Liebe Grüße
    Jacqueline

    1. Liebe Jacqueline, vielen Dank für deine Nachricht. Eine der häufigsten Fragen, die mich erreichen ist: Ich arbeite in einer Einrichtung, die nicht nach meinen Werten arbeitet. Was soll ich tun? Weiter kämpfen oder auf mich selbst achten und eine andere Einrichtung suchen. Für viele ist es nicht der Personalschlüssel, der zum Burnout führt, sondern die Tatsache, dass man stehts im inneren Konflikt ist zwischen dem, wir man handeln möchte und dem, was in der Realität vorzufinden ist. Ein ständiger Kampf kann so unendlich anstrengend sein. Was mich dabei wirklich wütend und traurig macht ist die Tatsache, dass wir auf diese Weise unzählige hervorragende Fachkräfte wie dich in der Praxis verlieren. Du solltest dich unbedingt um dich sorgen und diese wichtigen Entscheidungen treffen. Ich hoffe nur, dass wir es mit unserer Arbeit bald ein Umdenken anzustoßen, das dafür sorgt, dass gute Fachkräfte gerne in den Einrichtungen bleiben und dadurch die Qualität heben können.

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